Weißer Traumstrand ohne Meer
Im Grenzgebiet zwischen USA und Mexiko befindet sich die Chihuahua-Wüste. Sie erstreckt sich im Süden des US-Bundesstaates New Mexico über den westlichen Teil von Texas und im Norden des mexikanischen Bundesstaates Chihuahua bis hin zum mexikanischen Staat Coahuila. Der ungewöhnlichste und bekannteste Teil der Wüste befindet sich im Tularosa-Becken in New Mexico. Über eine Fläche von 770 km² dehnt sich dort das Dünenfeld von White Sands aus. Weißer Sand soweit das Auge reicht auf einer Gesamtfläche von knapp 20 km Länge und 50 km Breite. Die Dünen sind schneeweiß, ihr Sand besteht aus Gips und ist so fein wie Puderzucker. Obwohl das Mineral Gips in jeder Wüste vorkommt, existiert nirgendwo auf der Welt ein so bedeutungsvolles Gipsdünenfeld. Das White Sands National Monument ist eines der größten Naturwunder. Die Berge schimmern am Horizont und ein klarer stahlblauer Himmel spannt sich über die kalkweiße Wüste. Astronaut John Glenn, der als erster US-Amerikaner die Erde umkreiste, beschreibt das Naturdenkmal als einen der sagenhaftesten Anblicke, denen er je begegnet sei.
Nach der Absenkung des Tularosa-Beckens entstand vor etwa 10.000 Jahren ein großer See, in den sich die Flüsse aus den umliegenden Bergen ergossen. Ihr Wasser brachte gelöste Mineralien mit, vor allem Gips. Nach dem Ende der letzten Eiszeit trocknete der See aufgrund der ansteigenden Temperaturen aus. Bei der Verdunstung bildeten sich Gipskristalle, die der Wind bis zum heutigen Tag zu Dünen auftürmt. Der Regen sorgt dafür, dass das Gebiet weiterwächst. Das Regenwasser schwemmt Gipspartikel von den umliegenden San Andres- und Sacramento Mountains in den Lake Lucero im tiefer gelegenen Tal, der nach der Regenzeit wieder austrocknet und Gipsablagerungen hinterlässt. Die Kräfte der Natur, Feuchtigkeit und Trockenheit, Kälte und Wärme zerbrechen die Kristalle zu kleinen Sandteilchen, die leicht genug sind, um vom Wind davongetragen zu werden. Starke Stürme häufen die Sandkörnchen zu Dünen auf. Sanddünen, die immer in Bewegung bleiben.
White Sands Dünen
Es gibt vier Arten von Dünen:
Kugelförmige Dünen, sind niedrige Sandhügel, die sich windwärts am Lake Lucero bilden, auf deren Oberfläche kleine Wellen produziert werden. Am Kamm der Düne baut sich der Sand solange auf, bis ihn die Schwerkraft abrutschen lässt, dadurch bewegt sie sich bis zu zehn Meter pro Jahr vorwärts.
Barchan Dünen oder auch Sicheldünen sind halbmondförmige Dünen, die sich in Gebieten mit starkem Wind bilden, der nur begrenzt neuen Sand mit sich bringt. Sie können eine Höhe bis zu 30 Metern erreichen.
Diagonale Dünen entstehen in Gegenden, die ausreichend mit Sand versorgt werden. Sie verbinden sich mit halbmondförmigen Sicheldünen und kreieren so lange Bergketten.
Parabelförmige Dünen entstehen entlang eines gesamten Dünenfeldes. Sie haben eine gebogene Form, deren Öffnung zum Wind hinzeigt.
White Sands Erkundung
Vegetation ist in Dünenlandschaften kaum möglich, denn den meisten Pflanzen gelingt es nicht Fuß zu fassen, bevor sich der Sand unter ihnen wieder in Bewegung setzt. Eine kleine Anzahl von Pflanzen hat sich angepasst und kann so verhindern, ständig unter Sand begraben zu werden. Die „Soap Tree Yucca” hat ihren Stamm verlängert, damit sich ihre Blätter immer über dem Sand befinden und kann so pro Jahr bis zu 30 cm wachsen. Wie in den meisten Wüsten halten sich Tiere während der Hitze des Tages unter der Erde auf. Nachts werden sie dann aktiv. Wer White Sands am frühen Morgen besucht, wird mit Spuren von Nagetieren, Kaninchen, Füchsen und Kojoten belohnt. Einige Tierarten wie Eidechsen, Vögel und Käfer sieht man auch tagsüber, manche davon haben sich eine helle Tarnfarbe zugelegt und schützen sich so vor Feinden.
Wer sich vor der Erkundung des White Sands National Monument Einblicke in die Entstehung des Parks verschaffen möchte, sollte unbedingt beim Besucherzentrum anhalten. Das historische Adobe-Gebäude verfügt über interessante geologische Ausstellungen, die die Entstehung des Natur-Phänomens dokumentieren. Außerdem findet man dort Informationen zu allen Aktivitäten, die die Parkaufseher organisieren. Vollmond-Wanderungen mit Erläuterungen des Nachthimmels werden monatlich angeboten. Im Frühling und Herbst ist die Panoramastraße jeweils in einer Nacht für Radfahrer freigegeben. Ein einmaliges Abenteuer ist eine Heißluft-Ballonfahrt. Nur wer dieses himmlische Vergnügen selbst erlebt, erkennt die Faszination des ruhigen Dahingleitens über eine Märchenlandschaft und entdeckt atemberaubende Weitblicke auf das Areal von White Sands.
Eine 13 km lange Panoramastraße führt durch den Park. Entlang der Route erklären Schaukästen die Naturgeschichte. Vom Parkeingang schlängelt sich die Straße immer tiefer in die surrealistische und bizarre Welt der Dünen. Es gibt genügend Parkplätze um das Auto zu verlassen und die spektakuläre Landschaft zu Fuß zu erkunden. Der Alkali Flat Trail ist besonders beliebt und zählt zu den abwechslungsreichsten und interessantesten Wanderwegen. Er verläuft auf fast 8 km durch das Herz des Dünenareals. Auf dieser dreistündigen Wanderung erlebt man die Stille und endlose Weite besonders intensiv. Der Trailhead ist etwa 12 km vom Haupteingang entfernt, beginnt auf einem ausgeschilderten Parkplatz und endet am Lake Lucero. Unbedingt genügend Wasser mitnehmen; Kopfbedeckung, Sonnenschutz und Sonnenbrille gehören ebenfalls zur Ausrüstung, denn der helle Sand reflektiert mehr als 90 Prozent der Sonnenstrahlung. Die Temperaturen liegen im Sommer bei 38 Grad Celsius. Auf der Strecke durch den Park sind mehrere Wanderwege ausgeschildert, der Backcountry Camping Loop Trail, der Dunes Life Nature Trail, der Playa Trail und der Interdune Boardwalk, der aus einem etwa 600 m langen Steg besteht und somit auch für Rollstuhlfahrer geeignet ist.
White Sands Faszination
Fotografieren ist in White Sands wegen der Helligkeit eine Herausforderung, weil der Autofocus nicht wirklich weiß, welches „Weiß“ er scharf stellen soll. Versucht man sein Glück manuell, kommt jeder voll auf seine Kosten. Die schönsten Tageszeiten für Fotosessions sind der frühe Morgen oder der späte Nachmittag. Düne für Düne tauchen die Fotografen tiefer in die Faszination weiße Wüste. Jeder nimmt sich hier die Zeit für neue Blickwinkel, ist beeindruckt von Einfachheit und stiller Schönheit, wartet auf das passende Licht und schleicht sich langsam an das Motiv heran. Ob im Stehen oder aus der Hocke, manchmal sogar flach auf dem Boden liegend: Es zählt nur eins – das perfekte Motiv. Die Mühe lohnt sich, denn entschädigt wird man mit einzigartigen Bildern. Je mehr sich der Tag dem Abend neigt, desto stimmungsvoller wird die Landschaft in Szene gesetzt.
Aber nicht nur Naturwunder spielen im Park eine wichtige Rolle. Zahlreiche Forschungsprojekte in Luft-, Raketen- und Raumfahrttechnik haben großes Aufsehen erregt. In der Wüste befindet sich unter anderem das White Sands Missile Range, ein Testgelände für experimentelle Waffen-und Weltraumtechnologie der US-Armee. Aus Sicherheitsgründen werden der Park und der hinführende Highway einmal wöchentlich wegen Raketentests für mehrere Stunden gesperrt. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Anlage als Testgebiet für die in Los Alamos, New Mexico betriebenen Atomforschungs-Laboratorien genutzt. In diesem Zusammenhang taucht ein deutscher Name auf, der in der Geschichte des Raketenbaus eine bedeutende Rolle spielte. Wernher Magnus Maximilian Freiherr von Braun. Die von ihm entwickelte A4 Rakete erreicht 1943 als erste Langstreckenrakete der Welt die vierfache Schallgeschwindigkeit. 1945 siedelte er mit seinen 120 besten Fachleuten nach Los Alamos und hatte wesentlichen Anteil daran, dass die Möglichkeit den Planeten Erde zu verlassen, Wirklichkeit wurde. Von 1955 bis 1959 leitete er das amerikanische Raketenprogramm der NASA. Heute wird auf dem Areal des White Sands Missile Range weiter an neuen Raketentypen geforscht. Etwa 70 km von hier befindet sich die Holloman Airforce Base, die aufgrund schlechter Wetterbedingungen in Kalifornien am 20.3.1982 Ausweichlandeplatz der Raumfähre Colombia war.
Die scheinbar unberührte Landschaft mit silbrig-weiß glänzendem Sand, hat auch ihre Schattenseiten. Der Testort, der am 16. Juli 1945 gezündeten ersten Atombombe liegt innerhalb des White Sands Militärgeländes und wurde 1975 zum offiziellen historischen Ort erklärt. Ein schwarzer Obelisk markiert den Punkt der Kernwaffenzündung, an dem heute immer noch eine geringe Reststrahlung gemessen wird. Am jeweils ersten Samstag im April und Oktober ist dieses Erbe der Vergangenheit auch für Besucher zugänglich.
Unterkünfte gibt es im Park außer einem einfachen Zeltplatz, der abseits in den Dünen liegt, keine. Die Erlaubnis bekommt man von den Parkrangern im Besucherzentrum. Die nächsten Campgrounds und Hotels liegen im Osten bei der Stadt Alamogordo. Die Stadt erwirtschaftet einen Großteil ihrer Einnahmen durch den Tourismus. Sehenswert ist vor allem die Altstadt, deren Gebäude aus dem 20. Jahrhundert stammen und sorgfältig renoviert wurden. Hier findet man immer einen Weg zum Ziel, egal ob man etwas essen, trinken oder einkaufen möchte.
Im Toy Train Depot können Modelleisenbahnliebhaber ihre Zeit damit verbringen, Miniaturzüge zu begutachten. In einem 100 Jahre alten Depot sind hunderte Modell- und Spielzeugeisenbahnen ausgestellt. Ein Miniatur-Abbild Alamogordos aus dem Jahre 1940 ist das Prachtstück der Ausstellung.
Das New Mexico Museum of Space and History – auch bekannt unter dem Namen „Space Center and International Space Hall of Fame” – wurde im Jahre 1976 eröffnet und befindet sich im Nordosten der Stadt. Der mehrstöckige Glas-und Betonpalast beherbergt zum Beispiel ein 360° Panorama-Kino, eine Raumstation und eine große Sammlung von Raumfahrt-Exponaten, wie Raketenteile, Raumanzüge und Satelliten. Im Außenbereich gibt es neben Trägerraketen und Drohnen auch eine Apollo Raumkapsel.
White Sands National Monument
PO Box 1086, Holloman A.F.B., NM 88330-1086 * Tel: 505-479-6124 * www.nps.gov/whsa
Das White Sands National Monument liegt 15 Meilen (ca. 24 km) südwestlich von Alamogordo am US Highway 70/82.
Es ist verboten, archäologische oder natürliche Objekte wie Sand, Gipskristalle oder Pflanzen mitzunehmen. Glasbehälter dürfen nicht in die Wüste mitgenommen werden.
Das Besucherzentrum ist außer an Weihnachten täglich ab 9:00 Uhr geöffnet, hat jedoch unterschiedliche Schliessungszeiten. Eintritt: $25 pro Auto.
Alle Besucher müssen White Sands National Monument eine Stunde nach Sonnenuntergang verlassen haben. Es kann hin und wieder vorkommen, dass aus unvorhergesehenen Gründen, der Park geschlossen wird. Detaillierte Auskünfte und Info findet man auf der o.g. Webseite.
Photos: New Mexico Office of Tourism; Las Cruces CVB; White Sands NPS; Sonja Stimmer;