Texas Longhorns – Damals und Heute
Die Texas Longhorns und die damit verbundenen, langen Viehtriebe früherer Zeiten zu den Marktplätzen im mittleren Westen der USA hinterliessen einen derartigen Eindruck auf die Bevölkerung, dass eigentlich nichts Besseres den Wilden Westen definieren kann. In seinem Buch The Longhorns, das 1941 erschien, schreibt J. Frank Dobic über den Chisholm Trail, der von Texas nach Kansas führte. Zwischen 1866 und 1890 wurden auf diese Weise rund 10 Millionen Kühe über den Chisholm Trail und anderen Wegen von Texas aus Richtung Norden getrieben. Ohne diese Viehtriebe und all den damit verbundenen Ereignissen und Geschichten, hätten die Cowboys wohl kaum einen solchen Ruf erlangt, der sie zu richtigen Volkshelden machte.
Die Wurzeln der Longhorns gehen weit zurück bis in die Zeit um 1512, als spanische Conquistadores, und auch Christopher Columbus auf seiner zweiten Reise, in Kuba und der Dominikanischen Republik landeten und dort eine Anzahl von Rindern aussetzten, die sie von Spanien mitgebracht hatten. Sich selbst überlassen und in freier Wildbahn, entwickelten sich die Tiere über die Jahre stärker und widerstandsfähiger. Im Jahre 1521 verliess Kapitän Gregorio de Villalobo mit seinem Schiff die Stadt Santo Domingo und segelte nach Veracruz in Mexiko. Auf seinem Schiff brachte er sechs Kühe und einen Bullen mit, mit denen er eine Rinderzucht begann.
Auch der Seefahrer Hernando Cortes brachte auf seiner Reise sogenannte Criollo oder spanische Rinder nach Mexiko mit und kreuzte seine Herde mit einheimischen Tieren. Damals waren die grossen, weitläufigen Felder der Rinderzüchter in Mexiko und Nordamerika nicht eingezäunt, was zur Folge hatte, dass viele der importierten Stiere und Kühe während dem Grasen wegliefen und sich den Herden von wildlebenden, einheimischen Tieren anschlossen. Ungefähr im Jahr 1820 züchteten die ersten Einwanderer und Ansiedler in Texas – damals noch ein Teil von Mexiko – vornehmlich Kühe europäischer Herkunft. Als dann immer häufiger diese Tiere mit einheimischen gekreuzt wurden, entstand über die Jahre die Rasse der texanischen Longhorns.
Vor dem amerikanischen Bürgerkrieg (1861-1865) waren die Texas Longhorns eigentlich nichts wert. Ihr Fell wurde für Möbel, Teppiche und Decken verwendet, und das Fett wurde zu Seifen verarbeitet. Und das wars auch schon. Erst nach Ende des amerikanischen Bürgerkrieges entwickelte sich eine grosse Nachfrage nach Longhorn-Fleisch im mittleren Westen der USA. Im Norden herrschte eine grosse Hungersnot und der Süden der USA war nach dem Krieg bankrott, weil viele der ursprünglich florierenden Ranches in Trümmer lagen und das Kriegsgeld (Confederate Money) keine Zahlungskraft mehr besass. Wiederaufbau war angesagt und ein Mann namens Charles Goodnight dachte, dass es eine gute Idee sei, die Longhorns, die auf den weiten, offenen Feldern von Texas grasten, zu den Viehmärkten nach Dodge City in Kansas zu bringen. Dies war die Geburtsstunde der Viehtriebe in den USA und erlebte einen riesigen Aufschwung, der von ca. 1866 bis 1890 dauerte. Charles Goodnight selbst startete den ersten Viehtrieb 1865 und entwickelte dann ein Jahr später den ersten Chuck Wagon für solche Reisen, damit alle Nahrungsmittel und Vorräte bequem an einem Ort verpackt transportiert werden konnten und nicht auf verschiedenen Pferderücken verteilt werden mussten. Dieser Chuck Wagon beinhaltete auch einen faltbaren Tisch, damit der Koch über einen geeigneten Arbeitsplatz verfügte.
Tagsüber wurde geruht und die Tiere konnten grasen; nachts bewegte sich der Viehtrieb dann Richtung Norden. Jede Viehherde hatte einen dominierenden Stier, der immer vorneweg marschierte. Die Aufgabe jedes Trail-Bosses und der Cowboys war, diesen dominierenden Stier auszumachen und ihn so zu trainieren, dass er auf alle Befehle gehorchte und als Leittier eingesetzt werden konnte. Die ganze Herde folgte dann dem Leittier. Meistens war ein solcher Stier so wertvoll für die Viehtreiber, dass er am Zielort nicht, im Gegensatz zu der restlichen Herde, verkauft wurde.
Eine Herde auf Wanderschaft zählte gut und gern 2,500 bis 3,000 Tiere pro Reise und es benötigte ungefähr 30 bis 40 Cowboys, ein paar Wrangler oder Verantwortliche für die Pferde, einen Koch und natürlich den Trail-Boss. Während der Trail-Boss und der Koch eher gestandene Männer zwischen 30 und 50 Jahre alt waren, bewegte sich das Alter der Cowboys um die 16-21 Jahre. Die Wrangler waren üblicherweise noch jünger. Die Aufgabenverteilung war klar: die Cowboys waren für das Bewegen und Zusammenbleiben der Herde verantwortlich, die Wrangler kümmerten sich um die 30 bis 60 Pferde der Mannschaft. Im Laufe eines Tages wurden die Reitpferde immer wieder ausgewechselt, damit genügend Zeit zur Erholung gewährt werden konnte. Im Durchschnitt legte ein solcher Viehtrieb pro Tag 12 bis 15 Meilen zurück, denn die texanischen Longhorns konnten weiter, schneller und länger marschieren als normale Kühe. Ausserdem konnten sie entschieden länger ohne Verpflegung und Wasser auskommen.
Die Viehtreiber sassen pro Tag bis zu 16 Stunden im Sattel; manchmal sogar noch länger, wenn verlorengegangene Tiere wieder gefunden und zur Herde zurückgeführt werden mussten. Die Verpflegung war sehr einfach; in der Regel gab es die drei B’s: Biscuit, Beans, Bacon (Brot, Bohnen, Speck) und die Bezahlung hielt sich auch eher bescheiden, bedeutete aber in der damaligen Zeit ein gutes Entgelt. Die Cowboys verdienten rund einen Dollar pro Tag, der Koch bekam ca. 35 bis 40 Dollar pro Monat, und der Trail-Boss freute sich auf ein Gehalt zwischen 50-100 Dollar pro Monat. Beim Start eines Viehtriebes in Texas kalkulierte der Trail-Boss den Wert eines einzelnen Tieres auf ungefähr 2 bis 4 Dollar, und rund 90 Tage später am Ziel auf dem Rindermarkt konnte er mit 40 bis 50 Dollar pro Kuh oder Rind rechnen. Bei einer grossen Viehherde bedeutete dies schon eine ansehnliche Stange Geld.
Es ist klar, dass die Mannschaft am Ende eines Viehtriebes nach 3 Monaten harter Arbeit ziemlich ausgelaugt und müde war. So war es auch nicht erstaunlich, dass die Cowboys nach Erhalt ihres Gehalts erst einmal das Badehaus der Stadt aufsuchten, um sich den ganzen Staub, Dreck und Schweiss vom Körper zu waschen. Das Nächste, wofür sie Geld ausgaben, waren dringend benötigte, neue Kleider. Wie aus dem Ei gepellt, war die dritte Station meistens das Photostudio, um sich, ganz fein in Schale, bildlich verewigen zu lassen. Photostudios waren zu der Zeit sehr populär. Erst danach folgte der Besuch in den Saloon, wo dann auch entsprechend gefeiert wurde.
Viele der Cowboys verprassten ihren hart erarbeiteten Lohn mit leichten Damen, Drinks und Glücksspiel und so konnte es schon vorkommen, dass die Taschen bereits wieder leer waren, bevor sie vom Viehtrieb nach Hause zurückkehrten. Nur knapp 5% aller Viehtrieb-Cowboys waren in der Lage, wirklich etwas Geld zu sparen oder ihre Familien zuhause zu unterstützen. 1890 leitete das Ende der Viehtrieb-Ära ein. Grund dafür war, dass 1868 der Stacheldraht von einem Mann namens Michael Kelley erfunden wurde und sich einer immer grösseren Beliebtheit und Benutzung erfreute. Freie, offene und unendlich weite Felder in Texas und den nördlichen Nachbarstaaten wurden immer weniger und die meisten Rancher wollten es den Viehtreibern nicht mehr gestatten, ihr Land einfach so zu durchqueren. Hinzu kam, dass in der Zwischenzeit qualitativ besseres Rindfleisch produziert werden konnte, weil Zähheit und Ausdauer, was die Texas Longhorns so ausgezeichnet hatte, nicht mehr wichtig war und darum auch auf andere Rinderarten gewechselt werden konnte.
In der Anfangszeit des 20. Jahrhunderts waren die Longhorns vor dem Aussterben bedroht. Dank einiger texanischen Rancher war es möglich, diese einzigartige Rasse zu retten. Eine handvoll reinrassiger Texas Longhorns wurden in ein separates Lager gebracht, wo der Wiederaufbau eines Grundbestandes angestrebt wurde. Alle der heutigen Texas Longhorns stammen von diesen Züchtungen ab. Im Jahr 1964 wurde die Reinrassigkeit der Texas Longhorns offiziell bestätigt und mit der Aufzeichnung von Zuchtergebnissen begonnen. Seit diesem Zeitpunkt hat sich die Anzahl der registrierten Texas Longhorn-Herden ständig vergrössert und gegen Ende der 90er Jahre stieg der Bestand auf über 250,000 Tiere. Nun gibt es nicht mehr nur Züchter in Texas oder New Mexico, sondern in fast allen 50 US-Staaten und sogar in Kanada.
Heutzutage erleben die Longhorns ein richtiges Comeback! Sie sind nicht nur zu einem Symbol des Old West geworden. Die Züchtung der Texas Longhorns ist aus verschiedenen Gründen auch wieder ein profitables Geschäft geworden. Longhorns sind einfach und ohne grossen Aufwand zu halten, ihre Speisekarte beinhaltet mehr Gräserarten, Pflanzen und Büsche als andere Rinder fressen. Das Fleisch der Longhorns ist sehr mager, beinhaltet weniger Cholesterin und ist auch saftiger und schmackhafter. Longhorns kann man praktisch überall halten und züchten, denn sie bestehen problemlos in kalten wie auch in warmen Gegenden, selbst dort, wo man mit anderen Rinderherden nicht erfolgreich wäre. Texas Longhorns sind friedliche Tiere und gehen sogar in Einklang mit Pferdeherden.
Rancher halten sich Herden von Texas Longhorns, weil sich das steuertechnisch abschreiben last, was bei grossen Ländereien schon eine ansehnliche Summe ausmachen kann. Longhorn-Herden werden aber auch aus Attraktions-Gründen gehalten. Viele der Besucher von Gäste Ranches erfreuen sich an den verschiedenen Farbmustern ihrer Felle und natürlich an der beeindruckenden Grösse ihrer typischen Hörner. Oftmals werden Besucher mit einem Heuwagen zum Futterort der Longhorns geführt, und wenn diese Tiere dann, fast wie dressierte Haustiere, angerannt kommen, kennt die Begeisterung der Leute natürlich keine Grenzen mehr – Fotoapparate laufen heiss. Weil Texas Longhorns freundlich und problemlos zu haltende Tiere sind, sieht man in manchen Westernstädtchen ab und zu einen Cowboy, der ein gesatteltes Longhorn am Zügel bereithält, damit sich Besucher auf dem Tier reitend fotografieren lassen können. Im bekannten Stockyard Bezirk von Ft. Worth, Texas findet sogar zweimal täglich ein cattle drive statt, bei dem an die 25 Longhorns von Cowboys auf Pferden durch die Strassen „getrieben” (geht eher gemütlich zu, denn die Longhorns kennen ihren Weg) werden.
Der heutige Stellenwert der Texas Longhorns kann ziemlich einfach zusammengefasst werden – sie sind einfach zu halten, interessant aus zuchttechnischen Gründen, und sehr beliebt als Touristenattraktion. Ein Rancher wurde einst nach seinen Gründen, warum er Longhorns hat, gefragt, worauf dieser antwortete: “Half the fun of owning Texas Longhorns is showing them off!!!” (Der halbe Spass Texas Longhorns zu besitzen, ist sie stolz vorzuführen!)
Interessante Fakten zu den Texas Longhorns:
- Das Longhorn ist das grösste Säugetier von Texas
- Das Texas Longhorn ist das offizielle Symbol der Stadt Fort Worth, die auch Cowtown genannt wird
- Texas Longhorns nennt man auch alle Sportteams der Universität von Texas in Austin; die Schulfarben sind weiss und ein gebräuntes orangerot, was auf die natürliche Farbe des Longhorn-Fells hinweisen soll. Das Maskottchen der Universität ist ein Longhorn namens Bevo
- Einige seiner Texas Longhorns waren auch in verschiedenen Westernfilmen mit Hollywood Schauspielern Tom Mix oder Gene Autry zu bewundern, wie Longhorn-Pionier und Züchter Graves Peeler 1933 mitteilte.
- Weitaus bekannter dürften die Viehtrieb-Szenen aus dem Film City Slicker mit Billy Crystal noch in Erinnerung sein. Diese Szenen kamen der Wirklichkeit der Viehtriebe von Anno Dazumal ziemlich nahe und waren so gar nicht typisch Hollywood.
- Shadow Jubilee – das Longhorn hielt sechs Jahre lang den Rekord für die längsten je gemessenen Hörner: 88 inches von der einen Hornspitze zur anderen, was ungefähr 132 Zentimetern entspricht. Dieses außergewöhnliche Longhorn war der Traum jeder Longhorn-Züchter. Sie starb im Alter von 16 Jahren in 2016.
- Longhorn war der Codename für das Windows Vista Betriebssystem.
Flüge nach Ft. Worth, Texas gibt es hier und einen Leihwagen finden Sie hier
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