Wenn die Lichter ausgehen im Nationalpark
Wer träumt nicht davon: absolute Stille inmitten großartiger Natur und dann dieser faszinierende, dunkle und doch so klare Nachthimmel, erleuchtet von Milliarden von Sternen. Der Mensch wird scheinbar unwichtig, nur die Natur ist die alles beherrschende Kraft. Wahrscheinlich ist es dieses Gefühl der Unendlichkeit, was so viele Menschen dazu bringt ihre Urlaubsreise mit einer „Himmels- oder Sterngucker“ Destination zu verbinden. Sogenannte „Stargazer Tours“, zu Deutsch „Astrotourismus“, erfreuen sich immer mehr Beliebtheit, sie gelten als wertvoll und nachhaltig. Und was würde sich für die nächtlichen „Starwalks“ mehr anbieten als die großen Nationalparks im amerikanischen Westen? Sie sind prädestiniert für Sterngucker Paradiese: endlose Weiten, atemberaubende Natur und legendäre, unvergleichlich schöne Sternenhimmel. Kaum ein anderes Land hat einen derartigen Reichtum an geschützten Naturlandschaften zu bieten, wie die USA.
In den USA gibt es 18 Nationalparks, die sich die offizielle Auszeichnung „International Dark Sky Park“ verdient haben. Wir haben in die Sterne geschaut und die besten „Dark Sky“ Nationalparks im amerikanischen Westen erkundet.
Canyonlands Nationalpark, Utah
Tiefschwarzer Nachthimmel, eine atemberaubende Besonderheit
Der Colorado River, der größte Strom Nordamerikas, und der Green River, sein größter Nebenfluss, teilen Canyonlands in drei Teile auf: Island in the Sky, The Needles und The Maze. Die Ströme hinterließen über Millionen von Jahren bizarre Felsformationen und gewaltige Schluchten, die wiederum farbenprächtige Canyons hervorbrachten. Das Gebiet umfasst eine Fläche von 1.366 Quadratkilometer und liegt in der Nähe der Kleinstadt Moab, welche sich perfekte als Ausgangspunkt für den Besuch des Parks eignet.
Die spektakulären Aussichten auf die tiefen Canyons mit prächtigen Flusslandschaften enden in diesem Nationalpark bei Sonnenuntergang jedoch noch lange nicht. Der heraufziehende Nachthimmel ist so makellos, so ursprünglich, dass die „Dark-Sky Association“ (siehe Info unten) Canyonlands den ranghöchsten „Gold-Tier International Dark Sky-Park“ Titel verlieh. Eine Ehrenauszeichnung, die nur den dunkelsten der dunklen Nachthimmel vorbehalten ist. Manchmal ist es möglich bis zu 15.000 Sterne im Verlauf der Nacht zu sehen! Besucher aus aller Welt nehmen an den „Night Sky Programs“ des Parks teil. Die Ranger vor Ort erzählen Hintergrund-Geschichten und setzen Teleskope ein um den interessierten und staunenden Besuchern die Wunder des Universums näher zu bringen. Viele von Ihnen haben noch niemals die Milchstraße oder einen sternklaren Nachthimmel gesehen.
Diese Gegend war früher die Heimat der Pueblo Indianer, viele ihrer Steinhäuser und Erdhütten sind heute noch gut erhalten. Die Angehörigen der Pueblo-Kultur haben in Stein gearbeitete Felsbilder, sogenannte Petroglyphen hinterlassen. Und nun stellen Sie sich vor, welche Ehrfurcht die Ureinwohner gefühlt haben müssen, als sie nachts zum Himmel blickten. Eben dieser Himmel ist für uns noch heute zu sehen und macht Canyonlands’ unglaubliche Einzigartigkeit aus.
Death Valley Nationalpark, Kalifornien
Natürliche Dunkelheit mit einem Ausblick ohne Grenzen
„Tal des Todes“, der schaurige Name lässt einen kurz zusammenzucken. Tatsächlich ist in diesem Park 1849 ein Truck von Siedlern mit 100 Wagen, die eine Abkürzung suchten, in dieses Tal geraten. Trotz der weit verbreiteten Legende soll niemand aus der Gruppe bei der Taldurchquerung ums Leben gekommen sein. Der Nationalpark umfasst 13.700 Quadratkilometer, ist südöstlich der Sierra Nevada gelegen und seine enorme Fläche erstreckt sich über zwei US-Bundesstaaten. Death Valley liegt in der bekannten Mojave-Wüste und gehört mit Sommertemperaturen über 50C nicht nur zu einem der trockensten Gebiete der USA, sondern der Erde. Ein Landstrich der Extreme. Bizarre Erosionslandschaften, wie der namhafte Zabriskie Point, wechseln mit endlosen Sanddünen oder großen Salzseen – unvergleichliche Naturschönheiten. Wer denkt, hier gibt es kein Leben, liegt falsch. Zahlreiche Tiere sind heimisch, darunter 36 Reptilien und 307 Vogelarten.
Die Region ist ein Hitzepol, vereint aber die besten Eigenschaften um ein hervorragender Sterngucker-Ort zu sein: wenig Lichter durch die entlegene Wüstenlage, trockene, heiße Luft und hohe Aussichtspunkte, da das Death Valley von mehreren Gebirgsketten, wie die Panamint Range mit dem 3366 m hohen Telescope Peak, umschlossen ist. Somit weist der Park einen der dunkelsten Nachthimmel mit endlosen Horizonten und meist wolkenlosem Himmel vor. Die Aussicht auf den Himmel ist hier das ganze Jahr über beeindruckend; besonders empfehlenswert ist ein Besuch zwischen Oktober und April. Die Temperaturen sind niedriger und in diesem Zeitraum findet nicht nur das von Park Rangern geleitete „Night Sky Program“ statt, auch „Stargazing“ Veranstaltungen mit Astro-Institutionen werden, zu Bildungszwecken, abgehalten.
Death Valley’s natürliche Dunkelheit in Verbindung mit dem unermüdlichen Einsatz der Parkorganisatoren, das Außenlicht zu minimieren, hat die International Dark-Sky Association überzeugt und den Park mit dem Titel „Der dritte und größte International Dark Sky Park“ gewürdigt.
Big Bend Nationalpark, Texas
Einzigartige Stille durch unendliche Größe und Weite
Im äußersten Westen Texas gibt es einen Platz, wo der Nachthimmel so dunkel ist wie schwarze Kohle und einen besonders klaren Blick auf die Sterne ermöglicht. Dieser magische Ort heißt Big Bend, der zweitgrößte Nationalpark in den USA. Mit Tagesaktivitäten wie Rafting, Wandern, Angeln und Reiten ist er ein reines Freizeitparadies. Big Bend ist der einzige Park, der eine komplette Bergkette enthält: die Chisos Mountains. Der Rio Grande, der sich hier um Berge und Schluchten schlängelt, bildet die Grenze zu Mexiko und ist mit der Chihuahua Wüste eine der Hauptattraktionen des Parks. Die abgelegene Schönheit von Big Bend’s schroffen Bergen, Canyons und weitläufigen Wüstenfeldern der Wildnis bietet malerische Ausblicke, vielfältige Tierwelt sowie Geschichte und Kultur des mexikanischen Nachbarn. Darüber hinaus wurde Big Bend 1976 als Biosphärenreservat von der UNESCO anerkannt und von der IDA zum „International Dark Sky Park“, als einer der weltweit besten Orte zum Beobachten des Himmels gewählt. An klaren Nächten können rund 2.000 Sterne mit bloßem Auge gesehen werden.
Planen Sie mehrere Tage ein. Der 3.237 qkm große Big Bend Nationalpark ist zu groß für einen Tagesbesuch. Besser eignet sich eine Dreitages-Tour um all die Schönheiten bei Tag und Nacht zu sehen. „Sterne gucken“ inmitten dieser großen und weiten Landschaft ist für Reisende hier mehr als nur ein emotionales Erlebnis. Echte, tiefschwarze Dunkelheit ist etwas, was der moderne Mensch, egal von welchem Kontinent er stammt, heutzutage nicht mehr kennt. So werden die Nachthimmel-Touren des Parks als kleine Wunder verkauft, und, das sind sie auch. Touren wie “The Wonders of the Night Sky” oder „A Guide to the Galaxy“ lässt die enorme Größe des Parks, die Wildnis und die Naturgewalt des Sternenhimmels noch intensiver wahrnehmen.
Glacier Nationalpark, Montana
Voller Abenteuer mit malerischen Kulissen
Im Hochgebirge der Rocky Mountains gelegen findet man im Glacier Nationalpark unterschiedlichste Landschaftsimpressionen, von Prärie über Wälder und Seen bis hin zu hochalpinen Formationen mit Gletschern. Eine wilde Schönheit, in der sich raue Berggipfel mit glasklaren Seen abwechseln. Herrliche Bergseen wie der Lake McDonald oder St. Mary Lake bestimmen das Bild dieses Naturparadieses. Park und Region werden als „Crown of the Continent“ (Krone des Kontinents) bezeichnet. Die berühmte „Going-to-the-Sun-Road“, über die wir in Ausgabe 01/2019 berichteten, ist von Juni bis Oktober geöffnet. Bedenken Sie, dass das Wetter im Glacier Nationalpark sehr schnell umschlagen kann. Wer in der kalten Jahreszeit reisen möchte, muss sich bewusst sein, dass die Winter in Montana, ganz besonders im Hochgebirge, sehr hart sind. Die exakten Öffnungszeiten hängen von der Witterung ab. Aktuelle Informationen gibt es jederzeit auf der Webseite des Parks.
Für Sterngucker eignet sich am besten das Glacier „Summer Astronomy Program“, welches im Juli mit von Rangern geführten Touren beginnt. Die Besucher haben die Möglichkeit an einer Nachthimmel-Tour, geleitet von Astronomie-Profis, teilzunehmen. In grandioser Höhe mit dem endlosen Universum konfrontiert sein, ist ein fantastisches Gefühl: nach einer kleinen Show und Einführung wird auf die Dunkelheit und das Erscheinen der Milchstraße am Nachthimmel gewartet. Jeder einzelne Besucher kann mit Hilfe von zur Verfügung gestellten Hightech Teleskopen Galaxien, Planeten, Stern-Cluster und Sternbilder entdecken. Zusätzlich werden jedes Jahr am Tag der Astronomie (s. Info unten) Sterngucker Feste im Park abgehalten, zu denen Touristen herzlich willkommen sind.
Great Basin Nationalpark, Nevada
Einsamkeit und Wildnis beherbergen die ältesten Kiefern der Welt
Der Great Basin Nationalpark liegt im Osten von Nevada, genauer gesagt in der Senke zwischen der Sierra Nevada und den Rocky Mountains. Hier fällt so gut wie nie Regen, deshalb wird der Park auch als Wüste bezeichnet, eine kühle Wüste. Der Gipfel des höchsten Berges, der „Wheeler Peak“ bringt es auf stolze 3982 Meter. Der Great Basin ist einer der jüngeren Nationalparks der USA und wurde bekannt für das Vorkommen der „Langlebigen Grannen Kiefer“. Sie gilt als das älteste Lebewesen der Welt. Die Kiefern im Park sind teilweise mehr als 4600 Jahre alt. Besucht man Great Basin in einer wolkenlosen Nacht, ist er einer der wenigen Landstriche in den USA, von denen man die Milchstrasse erkennen kann. Während der Nachthimmel über anderen Nationalparks in Nevada von der Beleuchtung in Las Vegas beeinflusst wird, bietet der Great Basin noch echte Dunkelheit und ist somit ein Traumziel für Astronomen und Sterngucker. Das jährlich im Herbst stattfindende „Astronomy Festival, in 2019 vom 26. bis 28. September, zieht weltweit Besucher an. Zahlreiche Aktivitäten und Veranstaltungen, wie public viewing oder ein Nachthimmel-Fotografie Workshop bieten ein vielfältiges Programm rund um das Thema Astronomie.
Im Frühjahr 2016 wurde der Great Basin als „International Dark Sky Park“ offiziell anerkannt. Der Titel ist berechtigt, denn niedrige Luftfeuchtigkeit und kaum Lichtverschmutzung erzeugen ein einzigartiges Fenster zum Universum.
Info:
Wer die ganze Nacht unter dem Sternenhimmel verbringen möchte, hat die Möglichkeit sich online einen Campingplatz zu reservieren. Die bekannteren Parks sind in den Ferienzeiten gut besucht, deshalb macht es Sinn rechtzeitig zu planen und zu buchen. Die zentralen Informationen und nötigen Links zu „Night Sky Progams“ findet man auf den Seiten der jeweiligen Nationalparks, inklusive Karten, Touren- und Wandervorschläge für jede Jahreszeit. Ratsam ist es das Touristen-Informationszentrum im Park als erstes zu besuchen. Die Ranger kennen die Parks und wissen, welche Touren sich gerade besonders anbieten. Infos über die jeweiligen Parks finden Sie auf: www.nps.gov
IDA – Naturschutz für den Sternenhimmel
Die „International Dark Sky Association“ (IDA), eine internationale Organisation 1988 in den USA als eine Vereinigung von Astronomen gegründet, hat sich den Schutz des Nachthimmels für diese und zukünftige Generationen auf die Fahne geschrieben. Dies bedeutet, Lichtverschmutzung einzudämmen oder zu vermeiden. Ist es nachts zu hell, wird nicht nur der Schlafrhythmus des Menschen gestört, auch die Tier- und Pflanzenwelt wird beeinflusst. Nachttiere benötigen die Dunkelheit um zu überleben, nachtaktive Vögel können zum Beispiel die Orientierung verlieren. Die IDA ist eine anerkannte Autorität und möchte unter anderem über den Wert der Nacht und die Vermeidung von Lichtschmutz aufklären. Sie betreibt weltweit Forschungsarbeiten und Publikationen zum negativen Einfluss von künstlichem Licht auf die Gesundheit des Menschen, dem Lebensraum der Tier- und Pflanzenwelt in der Wildnis, das Klima und das fragile Ökosystem.
Die Vereinigung hat das „International Dark Sky Places“ Schutzprogramm ins Leben gerufen. Erfüllt ein Nationalpark alle Anforderung der IDA wird er mit dem Titel „International Dark Sky Park“ – Lichtschutzpark oder Sternenpark – offiziell anerkannt und gekürt. Mehr dazu unter www.darksky.org
„Astronomy Day” (Tag der Astronomie)
In jedem Jahr feiern Sternbeobachter auf der ganzen Welt im Frühling und Herbst den “Astronomy Day”. An diesem Datum rückt der funkelnde Nachthimmel in das Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit. Planetarien, Sternwarten und auch Privatpersonen haben dann die Chance, ihr Wissen und ihren Enthusiasmus für die Weiten des Universums zu teilen. Lichtschutzgebiete in denen die Lichtverschmutzung auf ein Minimum reduziert ist, bieten oftmals die faszinierendsten Blicke. Die meisten von ihnen sind in den USA zu finden, was das Land zu einem der beliebtesten Ziele der Astrotouristen aus aller Welt werden ließ. „Astronomy Day“ findet 2024 am 22. April und 12. Oktober statt.
Photos: International Dark Sky Association; NPS;