Native Treasures Indian Art Festival

Silber, Bronze, Gold, Federn, Muscheln, Türkise, aber auch Malerei, Musik und Töpferwaren sind in der indianischen Kultur von grosser Bedeutung. Einmal im Jahr öffnet das Messezentrum in der historischen Altstadt von Santa Fe seine Pforten für das Native Treasures Indian Art Festival, um Traditionen und Kunst der amerikanischen Ureinwohner zu präsentieren. Neben dem Indian Market ist Native Treasures eine der bedeutendsten Veranstaltungen zum Thema Indianische Kunst in Santa Fe. Was 2005 als kleine Ausstellung begann, entwickelte sich zu einem Festival mit über 200 Beteiligten. Die vom indianischen Kunst- und Kulturmuseum (Museum of Indian Arts and Culture) organisierte Veranstaltung, bietet Künstlern die Möglichkeit, ihre Werke dem Publikum vorzustellen. Ein Auswahlkomitee achtet auf Vielfalt und Qualität und lädt die Besten der Besten aus allen Staaten der USA nach Santa Fe ein. Native Treasures macht das letzte Maiwochenende zu einem begehrenswerten Ziel für Kunstliebhaber.

Das Native Treasures Indian Art Festival ist eine der traditionsreichsten Veranstaltungen in Santa Fe. In keiner anderen Stadt in den USA gibt es eine so hohe Konzentration an indianischer Kunst wie hier. Santa Fe unterstützt die Kreativen nicht nur finanziell, sondern ist gegenüber allen auch noch so aussergewöhnlichen Projekten im Bereich Kunst und Kultur äusserst tolerant. Man versucht, den Status der Stadt als Kunstmetropole mit allen Mitteln zu erhalten. Doch auch die Ureinwohner Amerikas kämpfen nicht mehr allein mit Pfeil und Bogen. Internetverkauf ist bei der jüngeren Generation eine neue Waffe geworden. Lohnen sich teure Reise- und Hotelkosten überhaupt noch? Noch problematischer ist der Zeitaufwand, findet Danny Nunez aus Arizona. „Systematisches und diszipliniertes Planen der eigenen Zeit, um auf diese Art Zeit zu sparen, damit man mehr Zeit für die eigentliche Arbeit als auch Ruhe und Erholung findet.” Bedeutet das, dass der Kunstumschlagspunkt Santa Fe in Gefahr ist? Ein klares „Nein” kommt von Valerie Namoki, einer Töpferin vom Stamm der Hopi-Tewa Indianer. Die digitale Hürde liegt bei einem Grossteil der Indianer direkt vor der eigenen Haustür. World Wide Web ist in vielen Pueblos in den USA ein Fremdwort. Nein sagen auch die Besucher der Veranstaltung beim Einlass auf die Frage, ob sie eine virtuelle Verkaufsausstellung einer Veranstaltung wie dieser vorziehen würden.

Betritt man den Ausstellungsraum, versteht man die Antwort der Teilnehmer. Man ist geblendet von einer überwältigenden Farbenpracht. Das Auge ist gleichzeitig fasziniert und verwirrt. Pittoreskes, Befremdliches, Einzigartiges. Die Sinne springen zwischen Nostalgie und Gegenwart. Die indianische Kunst der vergangenen hundert Jahre spiegelt die Geschichte einer sich wandelnden Kultur wider. Die Zeit, in der die Kunst auf touristische Massenware reduziert war, ist zwar vorbei, dennoch hat sich vieles geändert, um den Ansprüchen der westlichen Welt zu genügen. Wer auf dem Markt überleben will, muss sich anpassen, modernisieren und kreativ sein, wie auch in anderen Wirtschaftsbereichen. Selbstbehauptung ist eine Herausforderung für die amerikanischen Ureinwohner. Was ist echte indianische Kunst und gibt es sie heute noch wirklich? Eine Verbindung von Ideenreichtum, Zukunftsorientierung, Flexibilität und vor allem das Erhalten von Traditionsbewusstsein ist gefragt, damit eine der lukrativsten Einnahmequellen erhalten bleibt.

Silberschmuck ist seit Jahrtausenden begehrt und schmückende Accessoires aus Sterling sorgen zur Verschönerung vieler Kleidungsstücke. Die Navajo waren die ersten Indianer, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Kunst, Silber in Schmuck zu verarbeiten, von den Mexikanern gelernt haben. Die Navajo gaben das Handwerk an den Stamm der Zuni weiter, diese wurden dann später Lehrmeister der Hopi-Indianer. Das Silber zur Fertigung von Schmuck gewannen die Silberschmieden anfangs durch das Einschmelzen von alten Münzen, die von der Regierung aus dem Verkehr gezogen wurden. Das Einsetzen von Muscheln und Steinen wie Türkis und Koralle ist ein charakteristisches Merkmal für den „typischen” Indianerschmuck. Ursprünglich waren sich die Arbeiten der Völker sehr ähnlich, später entwickelten sich deutliche Stilunterschiede.

Die Navajo sind zahlenmässig das grösste aller indianischen Völker in den USA. Sie leben hauptsächlich im Nordwesten von New Mexico, im Nordosten von Arizona und im Südosten von Utah. Sie sind in erster Linie Silberschmiede und arbeiten mit unterschiedlichen Techniken. Geschmiedetes Silber wird gehämmert und gefeilt bis der Grundkorpus entstanden ist. Im Anschluss werden mit Werkzeugen Ornamente eingeprägt oder eingezeichnet. Ein Schwefeloxydbad akzentuiert Linien und Vertiefungen. Sandcast ist der Fachausdruck für gegossenes Silber. Flüssiges Silber wird in eine weiche Steinform gegossen, danach erkaltet und mit Feilen bearbeitet, bis es die entsprechende Kontur erreicht hat.

Die Zuni zählen zu den nordamerikanischen Pueblo-Völkern, die überwiegend in New Mexico an der Grenze zu und in Arizona leben. Sie sind Steinschleifer, deshalb steht das Silber im Hintergrund und der Stein wird zum dekorativen Element. Needlepoint ist eine ihrer hervorstechenden Techniken. Kleinste Türkise werden in Miniaturfassungen zusammengelötet. Eine weitere Methode sind Einlegearbeiten oder Inlay. Flache Steine und Splitter werden ganz ohne Silber direkt aneinander gelegt. Besonders bekannt sind die Zuni durch ihre Tierfetische. Sie glauben, dass jedes Tier spezielle Talente hat wie zum Beispiel Geruchssinn, Anpassungsfähigkeit oder Beobachtungsgabe, die wir Menschen nicht besitzen und von ihnen lernen können. Die Fetische werden aus unterschiedlichen Steinen als Einzelstück gestaltet oder in Miniaturausgabe auf eine Kette gefädelt.

Die Hopi sind die westlichste Gruppe der Puebloindianer in den USA und leben im Nordosten Arizonas. Ihre Produktionstechnik für Silberschmuck ist das Silver Overlay. Zwei gleichgrosse Platten werden aufeinander gelötet; aus der einen wird ein Motiv ausgesägt, die andere wird geschätzt. Die Muster sind sehr abstrakt, die Arbeit nicht so detailliert, was dem Schmuck der Hopi einen moderneren Charakter verleiht.

Doch nicht nur Schmuck, sondern auch übergrosse Masken sind ein wichtiger Bestandteil der Ausstellung. Diese dienen Indianern nicht nur als Mittel zum Zweck. Sie sind nach Aussage der Ausstellungsleitung besonders bei europäischen Besuchern beliebte Sammlerobjekte. Bei Zeremonien sowie religiösen Ritualen werden meist Masken aufgesetzt. Von Stamm zu Stamm variieren diese Rituale und auch die dazugehörigen Masken, aber generell repräsentiert beides den Glauben der Indianer an höhere Mächte. Viele Zeremonien bestehen in Form von Tänzen. Mit den Tänzen zeigen sie auch ihre Dankbarkeit gegenüber ihrer Jagdbeute. Werden Masken aufgesetzt, übernehmen die Träger die Kraft der Geister, die durch die Maske dargestellt wird. Im Tanz mit der Maske wird die Umwandlung in ein anderes Wesen veranschaulicht. Die Maske ist das Medium oder der Übergang in eine unsichtbare Welt. Meistens bestehen die Masken aus Holz. Kontrastreiche Bemalung vollendet den Ausdruck der Schreckensgespenster. Anders beim Federkopfschmuck. Eine Federhaube stand für grosse militärische Leistung. Jede Feder steht für eine im Krieg errungene Auszeichnung. An der Federhaube eines Kriegers erkennt man, wie er sich durch Tapferkeit und Kriegserfahrung hervorgetan hatte. Sie steht aber auch für Weisheit, denn nur ein weiser Krieger und Anführer gewinnt auch eine Schlacht. Deshalb trugen die Häuptlinge oft den auffälligsten Federschmuck. Beim Native Treasures Indian Art Festival findet man zahlreiche Neukreationen von Kopfschmuck und Masken, doch die Künstler sind mit ihrer indianischen Gemeinschaft immer noch so verwurzelt, dass traditionelle Stile erhalten bleiben.

Ein weiterer Höhepunkt der Ausstellung sind Töpferwaren. Valerie Namoki hat die Töpferkunst von ihrer Grossmutter (Stammesmitglied der Hopi) gelernt, die ihr nicht nur erklärte, dass Ton als ein Geschenk von Mutter Erde gilt, sondern auch keine Gnade kannte, Valerie selbst in die frühesten, heute aber nicht mehr gebräuchlichen Töpfertechniken einzuweisen. Ihr erstes Produkt war eine Vase. Ein Korbgeflecht wurde mit Lehm ausgestrichen, das Geflecht verglühte beim Brennen, während die Lehmform als Tongefäss bestehen blieb. Erst als sie dieses Verfahren beherrschte, durfte sie auf der Töpferscheibe drehen. Auch die Maltechnik wurde von Grossmutter zu Enkelin vererbt. Die zur Bemalung vorgesehenen Tonarbeiten werden zum Verschliessen der Poren zuerst mit Schlicker, einem Gemisch aus Wasser und farbigem Ton, übertüncht. Anschliessend muss die Oberfläche geglättet und poliert werden, wozu man ein weiches Leder benutzt oder einen besonderen glatten Stein, der so wertvoll ist, dass er über Generationen weitervererbt wird. Zur Bemalung des Tons wurden früher die Finger oder weichgekaute Yuccastängel benutzt, während man heute vorwiegend Pinsel verwendet. Bei der traditionellen Töpferei bestehen die Farben noch immer aus mineralischen und pflanzlichen Stoffen. Die von den Hopi bevorzugten Dekors sind geometrische Muster oder abstrakten Darstellungen von Vögel, Federn, Kachinas, Wolken, Blitze, Regen und allen anderen Elementen, die in den Zeremonien eine Rolle spielen.

Der absolute Verkaufsschlager, nach Auskunft der Festivalsteilnehmer, sind filigrane Dreamcatcher (Traumfänger). Nach dem Glauben der Indianervölker, verhindern sie Albträume. Der Tradition zufolge gleichen die Traumfänger einem Spinnennetz. Sie werden über den Betten der Kleinkinder angebracht und fangen schlechte Träume ab, während sie gute durchlassen. Für Indianer ist ein Traumfänger ein heiliger Gegenstand, dessen Herstellung in mehreren zeremoniellen Schritten gefertigt wird. Deshalb merken sie auch einen Kommentar dazu an – das Verramschen von Traumfängern als Schlüsselanhänger oder Ohrringe „Made in China” sei absolut respektlos.

Noch ist die Sonne nicht untergegangen nach einem traumhaften Festivalwochenende in Santa Fe. Die Pforten des Messezentrums schliessen. Beladen mit Plastiktüten, Schachteln und Papiertaschen verteilen sich die Besucher der Veranstaltung zufrieden in den Gassen der Altstadt. Die Indianer sind mit ihren Verkaufszahlen glücklich und verpacken ihre übriggebliebenen Waren. Auch der Freund des Online-Shopping Danny Nunez ist überzeugt. Die Reise nach Santa Fe hat sich auf jeden Fall gelohnt. Der direkte Kontakt und das Zusammentreffen mit dem Käufer inspiriert und ist die beste Motivation, neue Eindrücke in Kunst umzuwandeln. Fazit: Santa Fe bleibt Kunstmetropole und Tradition gewinnt gegen Internet.

So kommen Sie nach Santa Fe, NM

Von Deutschland geht’s non-stop nach Denver mit Anschlussflug nach Albuquerque. Vom Flughafen aus geht’s weiter mit einem Leihwagen, den Sie sich am besten schon in Deutschland reservieren. Der internationale Flughafen von Albuquerque (Sunport) liegt nur ein paar Kilometer südlich der Stadt an der Route I-25. Wer die landschaftlich schöne Route fahren will, nimmt Interstate 25 Nord (I-25 N) Richtung Santa Fe, dann auf I-40 East, Ausfahrt 226 Richtung Santa Rosa, weiter auf dem Highway NM-14 N, Ausfahrt 175 Tijeras/Cedar Crest/Turquoise Trail. Fahrzeit ca. 1,5 Stunden.

Für die schnellere Route fahren Sie nach Westen auf I-25 Richtung I-40 Downtown/Santa Fe. Nach ca. 60 Meilen (ca. 95 km) nehmen Sie die Ausfahrt 282B Richtung Los Alamos/Taos/Santa Fe Plaza. Nach weiteren 6 Meilen (ca. 9,5 km) erreichen Sie das Zentrum von Santa Fe.

Native Treasures Indian Art Festival
Santa Fe Convention Center
http://nativetreasures.org; Email: Info@NativeTreasures.org

Santa Fe Touristeninformation
Santa Fe Convention and Visitors Bureau
201 West Marcy Avenue
Santa Fe, NM 87501
Tel: 505-955-6200
www.santafenm.gov oder http://santafe.org

Photos: Native Treasures, Carol Franco


Share:

Spiritofthewest