Champagne Powder® in Colorado

Champagne Powder® in Colorado. Steamboat Springs ist kein Skigebiet. Steamboat Springs ist gleich eine komplette Bergkette: Mount Werner, Sunshine Peak, Storm Peak, Thunderhead Peak, Pioneer Ridge und Christie Peak – über die Flanken von sechs Gipfeln spannt sich ein Netz aus 165 Pisten. Mit 12 qkm Fläche ist das rustikale Resort in Colorados Rocky Mountains eines der grössten Skigebiete Nordamerikas. Wo soll man da bloss anfangen. Von der Talstation Gondola Square geht es mehr als einen Kilometer hoch bis zum Gipfel von Mount Werner (3221m).

Champagne Powder® und Westernflair in Steamboat Springs

Feine Schneekristalle glitzern auf den Hängen. Die sind in Steamboat Springs angeblich besonders filigran. „Unser Schnee”, verkündet Loryn Duke, Pressesprecherin vom Skigebiet, „ist nämlich 70% trockener.” Und das sei kein platter Werbespruch. Mit dem vorherrschenden Mikroklima in diesem Halbwüsten-Hochtal habe das zu tun und wie die Winterstürme von den schroffen Gipfeln der North Park-Bergkette eingefangen werden. „Probier’s doch mal aus!” Tatsächlich, einmal hochgeworfen, tanzten die blitzenden Kristalle doch wie sprudelnde Sektperlen in die Höhe. Darum habe Steamboat Rancher Joe McElroy die fluffigen Flocken in den 50er Jahren ja auch erstmals „Champagne Powder” getauft. Damit werde heute ganz frech Pulverschnee auf der ganzen Welt beschrieben. Eigentlich sei der Begriff ein exklusives und geschütztes Warenzeichen von Steamboat Springs. Aber weil man hier eben auch 100% netter sei, würden die Steamboatler nicht gleich klagen, sondern belassen es meist bei einer freundlichen Ermahnung der Konkurrenz.

Steamboat Springs Mogul Master Champagne Powder

Schroffe Gipfel wie in den europäischen Alpen sieht man hier keine. Darum erscheint das Gelände auf den ersten Blick einfach. Doch nur jede siebte Abfahrt ist als „grün”, also einfach, klassifiziert. Jeweils etwa 40% gelten als mittelschwer (blau) und schwer (schwarz). So wie Vertigo. Ein Stückchen unterhalb der Gondel-Bergstation zweigt die Steilpiste ab. Vielleicht lassen wir es zum Aufwärmen doch lieber langsam angehen und bleiben auf Vagabond, einer blauen Abfahrt? Genau, ich schaue erst auf den Faltplan und verschaffe mir einen Ȕberblick.

Es gibt zwei Gondeln, 19 Lifte, vier Zauberteppiche. Klingt nicht viel, doch strategisch platziert erschliessen die Lifte eine grosse Auswahl an Abfahrten aller Schwierigkeitsgrade, zudem zwei Terrain Parks. Wenn sich anderswo besonders Anfänger mit einfachen Hängen ohne Aussicht am Fuss eines Skigebiets begnügen müssen, gibt es hier mit Sundial sogar eine leichte Abfahrt vom 3165 m hohen Sunshine Peak hinunter. Weil sich Skifahrer und Snowboarder über das weite Gelände beinah verlaufen – Liftschlangen sind selten – bleibt auch Greenhörnern stets ausreichend Platz, ihre Bögen zu ziehen.

Steamboat Springs Gondola

Langweilige Ziehwege oder breite Schneewiesen gibt es nicht. Noch oben auf den Bergspitzen wächst Wald, durch den sich die Pisten schneiden. In grau und grün sind die Baumflächen auf dem Pistenplan eingezeichnet, Das sollen Fichten und Espen sein. Laubbäume auf dreitausend Höhenmetern zu sehen ist für Europäer ungewöhnlich. Für das Slalomfahren zwischen den Zitterpappeln mit ihren weissen Stämmen ist Steamboat besonders berühmt berüchtigt. „Tree Skiing“ (Waldabfahrten) kann hier jeder lernen. Die Espen haben genau den richtigen Abstand. Links und rechts von High Noon und Three O’Clock stehen die Bäume dazu wie von Mutter Natur per Hand gepflanzt und perfekt platziert. Die Shadows Abfahrt, mit ihren langen Schatten von Felsen und Bäumen, die sich wie ein filigranes Scherenschnittmuster auf den Schnee legen, ist ein besonderer Geheimtipp für einen Pulverschneetag.

Die Namen der Abfahrten geben oft schon Aufschluss über ihre Beschaffenheit. Tornado, Cyclone und Hurricane, allesamt selbstverständlich schwarz und auf dem Storm Peak-Gipfel zu finden, sind nichts für schwache Gemüter. Dann schon eher Rainbow und Sunset in Richtung Sunshine Peak. Vor allem die Uhrzeit-Pisten wie Three O’Clock also ‚15 Uhr’ sind als Empfehlung zu verstehen, wann die Sonne die Abfahrten bestrahlt und das Heruntersausen wohl am meisten Spass macht. Die längste Abfahrt, Why Not, ist übrigens fast fünf Kilometer lang.

Steamboat Springs Champagne Powder

Auch wenn Abfahrten wie High Noon oder Outlaw anderes andeuten, begann das zivilisierte Steamboat Springs im Gegensatz zu benachbarten Rocky Mountain Ski-Resorts wie Aspen, Breckenridge, Keystone oder Vail nicht als ruchloses Silber- oder Goldgräbernest. Die hübschen Wildwest-Häuschen an der schnurgeraden Hauptstrasse, Lincoln Avenue, wurden gleich aus solidem Sandstein gemauert, quadratisch, praktisch und mit bescheidenen Giebeln – eine aufrechte und gottesfürchtige Gemeinschaft, wenn man einmal vom Brooklyn-Viertel absieht, mit seinen zwielichtigen Saloons, Poker-Spelunken und vermeintlichen ‚Hotels’, in denen es einst von sehr rotwangig geschminkten Damen wimmelte. Sogar Bankräuber Butch Cassidy und seine Wild Bunch-Bande sollen hier, auf der anderen Seite des gurgelnden Yampa Flusses, gebechert haben.

Steamboat Springs Horses in Champagne Powder

Abseits der Piste

Wirtschaftlich spielte die Schifffahrt übrigens niemals eine Rolle, auch wenn Steamboat übersetzt Dampfschiff heisst. Fantasievolle Trapper, die um 1850 durchzogen, meinten damals einen schnaufenden Flussdampfer zu hören – daher der irreführende Name. Tatsächlich kam das sonderbare Geräusch aber von einem prustenden Geysir. Beim Bau der Eisenbahn 1908 wurden die geologischen Formationen durcheinander gesprengt. Die Steamboat Quelle gibt es zwar immer noch in der Nähe der Gleise, aber sie ist heute mucksmäuschenstill und tuckert leider nicht mehr. Rings um die Stadt blubbern übrigens noch rund 150 andere Thermal- und Heilquellen, in denen schon verschnupfte Ute-Indianer plantschten.

Besonders beliebt sind die Strawberry Hot Springs, etwa 16 km von Steamboat Springs die Country Road 36 nach Norden. Bei Eis und Schnee sollte man besser mit einem Geländewagen hinfahren, oder von dem angebotenen Shuttlebus Gebrauch machen. Die letzten paar Meilen sind steil und ungeteert, denn die naturbelassenen und nur grob eingefassten Hauptbecken liegen mitten in einem Espenwald, gleich unterhalb der Quelle. Der wärmste Pool ist 40 Grad heiss. Der kälteste gut für eine Ganzkörper-Gänsehaut. Die einfache Anlage ist erst kürzlich modernisiert worden; lediglich der zum Ticketschalter umgebaute Oldtimer-Lastwagen am Eingang und das Umkleide-Tipi sind immer noch da. Ungewöhnlich für das puritistische Amerika: Nach 20 Uhr ist Badebekleidung optional. Vielleicht ist die Beleuchtung darum so sparsam. Doch auf Badeschlappen sollte man bei dem glitschigen Boden keinesfalls verzichten und vielleicht auch einen Bademantel mitbringen. Die Umkleidekabinen sind nicht beheizt.

Steamboat Hot Springs

Noch vor 100 Jahren donnerten Büffel durch das Yampa Valley. Heute stapfen Rinder durch den Schnee. Ranching kristallisierte sich als Hauptindustrie heraus und die Rinderzucht ist auch noch im 21. Jahrhundert ein wichtiger Wirtschaftszweig. Bei durchschnittlich achteinhalb Metern Schneefall im Jahr hatten schon die ersten Cowboys vorsorglich Skier und Schneeschuhe im Stall stehen. Blieben die Pferde in den Schneewehen stecken, wurden die Bretter nicht zum Vergnügen, sondern zur Fortbewegung genutzt. Doch das änderte sich bald, und zwar gewaltig. Schuld daran war ein Norweger.

Skispringer Carl Howelsen emigrierte 1905 in die USA. Nach frühen Zirkusauftritten als Fliegender Nordmann, der auf Skiern eine mit Vaseline präparierte Schanze heruntersauste, kam er vier Jahre später nach Colorado und machte das Skispringen auch jenseits des grossen Teichs populär. 1914 liess sich dieser ‚verrückte’ Skispringer in Steamboat nieder, baute seine erste Sprungrampe, gründete den Winter Sports Club und infizierte sämtliche Einwohner mit dem Ski-Fieber. Wer mit dem Rinderhüten fertig war, schnallte sich fortan die Bretter zum Vergnügen unter.

Steamboat Springs

Wilder Westen in Steamboat Springs

Wie Schnee-närrisch die Steamboatler sind, kann man am besten beim alljährlichen Winterkarneval sehen, der vom 8. bis 12. Februar 2023 übrigens seinen 110. Geburtstag feiert. Ein Fest extra für die Touristen ist das nicht, wenn Besucher auch herzlich als Zaungäste eingeladen sind. Hier zelebrieren Einheimische den Wintersport im Wilden Westen mit Slalomrennen, Pony-Paraden und Skispringwettbewerben. Skifahrer werden in Formation und von Pferden über die Hauptstrasse gezogen und ein Spielmannszug mitsamt Pauken und Trompeten, jedoch auf Skiern, schliddert hinterher. Die Night Extravaganza ist Höhepunkt der mehrtägigen Schnee-Party. Dann wedeln nachts mit Lichterketten bestückte Skifahrer den Howelsen Hill hinunter.

Ray Heid, der waschechte Rancher mit Stoppelbart, Cowboyhut und schwarzer Sonnenbrille gehörte 1960 zum Skisprungteam. Zum ersten Mal stand er als Dreikäsehoch auf den Brettern. Und noch bis vor ein paar Jahren war der  heute Mittachtziger beinah täglich auf Mount Werner mit seinen Telemark-Skis unterwegs. Anschliessend führte der wettergegerbte Pferdezüchter Gäste zum Ausritt über seine Ranch. Den verblichenen Cowboyhut hatte er beim Skifahren erst gar nicht erst abgesetzt.

In Heids Scheune auf der Del’s Triangle 3 Ranch hängt ein altes Schwarzweiss-Gruppenbild von den Steamboats ‚Olympians’.  Darüber prangt in grossen Lettern: „Wenn sich Olympiateilnehmer in Utah versammeln, heisst das Winter Olympiade. Wenn sie sich in Steamboat versammeln, nennt man das Donnerstag.”

Auch Billy Kidd gehört mit zum Club. 1964 gewann er in Innsbruck die erste Silbermedaille für die USA im Slalom. Zusammen mit dem sechsfachen Rodeo-Champion Larry Mahan heckte Billy Kidd 1974 das skurrile ‚Cowboy Downhill’ Skirennen aus. Jedes Jahr im Januar findet unten in Denver die National Western Stock Show statt, eine Veranstaltung rund ums Rinderzüchten. „Wir haben gedacht, es wäre ein grosser Spass ein paar professionelle Rodeo Stars rauf nach Steamboat einzuladen, für einen Tag Skifahren und Wettrenn-Spass.”

Winter Carnival in Steamboat Springs

Ein buckelnder Mustang ist für einen hartgesottenen Profi-Cowboy natürlich ein Kinderspiel. Aber ein buckliger Skihang, das ist eine echte Herausforderung. In ledernen Beinschurzen und breitkrempigen Hüten, mit ausgestrecktem Hinterteil, X-Beinen, wedelnden Armen und Todesverachtung liefern sich Nordamerikas Rodeo-Stars seither in Steamboat Springs ein wackliges Wild-West-Winter-Wettrennen auf Skiern und Snowboards, die so passend benannte Rough Rider (raue Reiter) Abfahrt hinunter. Das Cowboy Downhill Skispektakel findet jedes Jahr im Januar statt statt.

Den fabelhaften Skitag beenden wir mit der Heavenly Daze, einer klassischen Autobahn. Und so geht’s talabwärts in einer Wolke glitzernden Champagne Powders®.

Hotels

Laut hiesigem Fremdenverkehrsbüro gibt es in Steamboat Springs über 10.000 Gästebetten in sämtlichen Varianten und Preislagen von schick bis rustikal. Überwiegend sind es Ferienwohnungen in unterschiedlichen Grössen, doch auch ganze Ferienhäuser sind im Angebot für Gruppen sowie Blockhütten, stilvolle Hotels oder Bed & Breakfasts. In der näheren und weiteren Umgebung findet man ausserdem auch einige Dude Ranches, von einfach bis luxuriös. Das Steamboat Grand ist das Aushängeschild-Hotel des Ortes.

Restaurants

Steamboat Springs zählt mehr als 130 Restaurants und Bars. Da findet sich etwas für jeden Geschmack, auf dem Berg oder unten im Städtchen. Zum Frühstück treffen sich Einheimische gern im gemütlichen Creekside Cafe & Grill (131 11th Street * www.creekside-cafe.com). Slopeside (855 Ski Time Square Drive * www.slopesidegrill.com) am Christie Peak Expresslift in der der Talstation ist ein praktischer Lunch-Klassiker.

Photos: ©Larry Pierce/Steamboat

 

Diese Seite enthält Affiliate-Links für Produkte, die ich kenne und vorstelle. Wenn du auf den Link klickst und z.B. eine Buchung vornimmst, verdiene ich möglicherweise etwas Geld für einen Kaffee, den ich verspreche zu trinken, während ich weitere hilfreiche Inhalte wie diesen erstelle. Dir entstehen dadurch keine Kosten. Und, die Links haben selbstverständlich keinen Einfluss auf meine Objektivität in der Berichterstattung.


Share:

Spiritofthewest