Tief im Westen von Texas entfaltet sich die abgelegene Schönheit von Big Bend’s schroffen Bergen, Canyons und weitläufigen Wüstenfeldern der Wildnis. Die Landschaft könnte glatt aus einem John Wayne Film stammen. Der Rio Grande bildet dort die Grenze zu Mexiko. Obwohl Big Bend Nationalpark einer der größten Nationalparks der USA ist, ist er immer noch ein Geheimtipp.
Einst eine abgelegene, scheinbar unwirtliche Gegend, die nur über Meilen von Feldwegen erreichbar war, ist Big Bend mittlerweile zu einem der beliebtesten Urlaubsziele in Texas geworden. Die durchschnittlich 350.000 Besucher pro Jahr kommen jedoch hauptsächlich aus dem eigenen Land. Ausländische Touristen fangen erst an, die malerischen Ausblicke, vielfältige Tierwelt, historischen Stätte und Kultur des mexikanischen Nachbarns im Big Bend Nationalpark zu erkunden. Der 3,237 qkm große Nationalpark enthält drei grundlegende Lebensräume: Fluss, Wüste und Berge. Big Bend umfasst den größten geschützten Bereich der Chihuahua Wüste in den Vereinigten Staaten. Der Rio Grande bildet seine südliche Grenze und er ist der einzige Park, der eine komplette Bergkette enthält, die Chisos Mountains. Die immense Größe von Big Bend und seine niedrige Besucherzahl bieten etwas, was heutzutage für viele Menschen immer wichtiger wird – große Einsamkeit und Ruhe. Und all das umgeben von einer gewaltigen Natur.
Eine „große Biegung” des Rio Grande im Südwesten von Texas gab dem Nationalpark seinen Namen „Big Bend”. Obwohl der Park hauptsächlich durch seine dramatische Schönheit und die fabelhaften Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung imponiert, hat er auch eine reiche kulturelle Vergangenheit. Ureinwohner lebten in Big Bend oder zogen durch das Gebiet für Tausende von Jahren. Ihre Anwesenheit wird durch Piktogramme und archäologischen Stätten belegt. Seit mehreren Hundert Jahren ist Big Bend die Heimat für weiße Bewohner, aber von der Existenz des Rio Grande wissen Nicht-Indianer erst seit 150 Jahren. Spanier überquerten den Rio Grande im 16. und 17. Jahrhundert auf der Suche nach Gold, Silber und fruchtbarem Land. Comanchen überquerten den Fluss mit ihren Überfallkommandos von und nach Mexiko im 19. Jahrhundert. Um 1900 begannen mexikanische Siedler ihre Landwirtschaften an beiden Ufern des Flusses aufzubauen. Nach 1920, als die Unruhen beendet waren, kamen die Anglo-Amerikaner dazu. Baumwolle und Nahrungsmittelanbau gedieh rund um Castolon, das heutige Rio Grande Village, auch nachdem der Park gegründet wurde.
Big Bend National Park wurde im Jahr 1944 gegründet, was nicht nur zur Erhaltung und zum Schutz eines beachtlichen Teils der Chihuahua-Wüste entlang des Rio Grande diente, sondern auch zur Nutzung und Freude der gegenwärtigen und zukünftigen Generation. Der Park umfasst an die 80% der Chihuahua-Wüste und bietet eine reiche biologische und geologische Vielfalt. Bevor Big Bend unter den Schutz des Nationalpark-Systems kam, wurden fast alle Bäume zur Holzverarbeitung gefällt. Heute ist der Park vollständig renaturiert und man findet eine enorme Vielzahl an unterschiedlichen Pflanzen und Tieren. Der Park beheimatet mehr als 1,200 Arten von Pflanzen (einschließlich ca. 60 Kakteen-Arten), 11 Amphibienarten, 56 Reptilienarten, 40 Fischarten, 75 Säugetierarten, 450 Vogelarten und über 3,600 Insektenarten. Big Bend verfügt über mehrere Arten von Vögeln, Fledermäusen und Kakteen als jeder andere Nationalpark in den Vereinigten Staaten
Es gibt viel zu erkunden und erwandern in dem riesigen Park. Wo fängt man am besten an? Wir starteten unseren Trip in Midland und kamen so über die ca. 100 km entfernt liegende Kleinstadt Marathon zum nördlichen Eingang von Big Bend Nationalpark. Der erste Weg führte ins Besucherzentrum an der Panther Junction, wo sich auch die Zentrale der Parkverwaltung befindet. Dort bekommen Sie alles, was Sie für Ihr Abenteuer im Park benötigen – Genehmigungen, z.B. für Wanderungen und Camping im Hinterland sowie Kajak- oder Bootstouren, Informationsbroschüren, Karten, Eintritt in den Park kann bezahlt werden (falls nicht schon bei der Einfahrt geschehen), etc. Interaktive Exponate geben einen Überblick über Geologie, Natur- und Kulturgeschichte des Parks. Das Besucherzentrum hat auch ein Theater, in dem man, auf Anfrage, einen Film über den Park anschauen kann. Außerdem befindet sich in dem Komplex ein Buchladen des Big Bend Verbandes für Naturkunde, ein Postamt und Toiletten. Am eigens dafür vorgesehenen Wasserhahn können Sie Ihre persönlichen Wasserflaschen und Container auffüllen, von denen Sie reichlich dabeihaben sollten. Neben der Veranda des Besucherzentrums liegt der Panther Pfad, ein Naturlehrpfad, den man auf eigene Faust erkunden kann. In der knapp 200m entfernten Panther Junction Service Station können Sie nicht nur Benzin und Diesel tanken, sondern auch Lebensmittel einkaufen.
Für uns ging’s weiter Richtung Westen, zum Chisos Basin. Die kurvige Landstraße windet sich bergauf, vorbei an wunderschönen Landschaften, die von satten grünen Wiesen, Kakteen bis hin zu hochgewachsenen Bäumen und Wäldern alles bieten. Die Berge werden oft mit einer grünen Insel verglichen. Entlang der Straße gibt es immer wieder Hinweise zu besonders interessanten Aussichtspunkten oder Sehenswürdigkeiten. Chisos Basin befindet sich auf knapp 1,650m. Dort befindet sich unser Hauptquartier, die Chisos Mountains Lodge, am Fuße der majestätischen Chisos Berge gelegen.
Auch heute noch ist die auf mehrere Gebäude verteilte Lodge das einzige Hotel im Big Bend Nationalpark. 1946 kamen die ersten Gäste hierher. Die ursprünglichen Zimmer waren lediglich urige Hütten, um die Hügel herum verstreut, ohne fließendes Wasser oder Toiletten. Die Badehäuser befanden sich dort, wo heute die „Rio Grande” und „Casa Grande” Zimmer sind. Das hat sich natürlich geändert. Die 72 Nichtraucher-Unterkünfte teilen sich auf unter Hotel- und Motelzimmer sowie kleine Ferienhäuser (Cottages), gebaut aus authentischem Roosevelt Stein. Alle befinden sich in günstiger Lage zum umweltfreundlichen Restaurant, dem Souvenir- und Campingladen sowie einem kleinen Besucherzentrum. Die Einrichtung ist gemütlich und mit dem nötigsten ausgestattet – Kaffeemaschine, Kühlschrank, Mikrowelle, Fön. Einige der Zimmer haben Klimaanlage, andere Deckenventilator. Allerdings gibt es weder Telefon noch Fernseher. Aber wer braucht die schon, wenn einem traumhafte Aussichten und Sonnenuntergänge vom eigenen Balkon (je nach Zimmerlage) aus geboten werden? Auch nach einem Handysignal sucht man vergebens. Dafür ist WiFi kostenlos und, bis auf wenige Ausnahmen, in den meisten Zimmern zu empfangen sowie im Restaurant, auf dessen Terrasse (mit spektakulärem Ausblick) und der Lounge.
Gleich bei der Lodge befinden sich einige beeindruckende Fotomotive. Der Lost Mine Peak mit 2,300m und der Emory Peak mit 2,350m. Ein paar Schritte entfernt, kann man sich auf einen interessanten Rundgang machen und u.a. auf eines der bekanntesten Fotomotive stoßen – The Window. Besonders zum Sonnenuntergang versammeln sich dort Menschenmengen, um auf das „perfekte” Foto zu warten.
Mit mehr als 160 km Landstraßen, 240 km Schotterstraßen (off road) und etwa 320 km Wanderwege bietet der Park fast unbegrenzte Möglichkeiten für Ausflüge im Auto, Wandern, Camping, Mountain biking, Reiten, Vogel- und Tierbeobachtungen. Nachts breitet sich ein außergewöhnlicher Sternenhimmel aus. Darüber hinaus bietet der Rio Grande im Park an die 118 Meilen zum Kanu-, Kajak- und Schlauchbootfahren. Für Wanderer ist Big Bend jedoch ein Paradies. Die Höhenunterschiede reichen von 500 Meter entlang des Rio Grande bis 2,350 Meter des Emory Peak in den Chisos Mountains. Diese Höhenunterschiede bieten eine Ausnahme-Vielfalt an Pflanzen, Tieren und malerischen Ausblicken. Im Allgemeinen sollten Wanderer damit rechnen, dass es bei diesen Höhenunterschieden zu einer Temperaturdifferenz von 6-7 Grad Celsius in den Wandergebieten kommen kann. Die Wanderungen in den Wüstengegenden des Parks reichen von kurzen, einfachen Rundgängen bis hin zu mehrtägigen Wildnis-Abenteuern. Die Bergwanderungen bieten ca. 34 km Wanderwege in den Chisos Mountains, umgeben von Wäldern mit Kiefern, Eichen, Wacholder und Arizona Zypressen.
Im Big Bend Nationalpark gibt es drei Canyons – Santa Elena, Mariscal und Bosquillas. Santa Elena, durch den sich der Rio Grande schlängelt und gleichzeitig die Grenze zu Mexiko bildet, ist der größte und am weitesten entfernte Canyon. Der 48 km lange Ross Maxwell Scenic Drive führt auf dem Weg dorthin an vielen Aussichtspunkten vorbei. Sotol Vista, Mule Ears (Eselsohren) und Tuff Canyon lohnen alle einen kurzen Aufenthalt. Einen Einblick in die Vergangenheit findet man auf der Sam Nail Ranch, der Homer Wilson (Blue Creek) Ranch und dem Castolon Historic Compound. Die Windmühle auf der Sam Nail Ranch pumpt immer noch Wasser. Am Ende dieser landschaftlich reizvollen Straße befindet sich der wunderschöne Santa Elena Canyon, dessen Kalksteinfelsen an die 500m hohe Schlucht am Rio Grande bilden. Ein kurzer Weg vom Parkplatz führt Sie dort hin. Je nach Wasserpegel kann man weit in die Schlucht hineinwandern. Eine besonders tolle Aussicht findet man nach einem kurzen, jedoch steilen Aufstieg, der auch schöne Fotomotive bietet. Verkneifen Sie es sich aber bitte, im Fluss auf die andere Seite zu waten! Da ist Mexiko, d.h. Sie verlassen die USA und müssen beim Zurückkommen mit Einwanderungsbeamten rechnen. Auf jeden Fall bei den Ausflügen immer den Pass und Ihre entsprechenden Einwanderungspapiere mit dabeihaben. Sonst kann der Urlaub schnell zum Drama werden.
Auf all Ihren Ausflügen ist es gut möglich, dass Sie auf das eine oder andere Wildtier treffen. Die kleineren, wie Schlangen (giftig und nichtgiftig), Skorpione, Spinnen und Tausendfüßler sind alle während der wärmeren Monate aktiv. Achten Sie darauf, wo Sie gehen und tragen unbedingt festes Schuhwerk, Bergstiefel oder schützende Leggings beim Wandern.
Schwarzbären, Javelinas, Stinktiere, Kojoten und Waschbären treiben sich meist in der Nähe der Campingplätze herum. So „niedlich” manche auch erscheinen mögen, sie sind wild! Deshalb sollten bestimmte Regeln beachtet und eingehalten werden, wie die Tiere niemals füttern, Lebensmittel am besten im Kofferraum lagern und den Müll in den vorgesehenen Containern entsorgen. Auch Berglöwen sind im Big Bend zuhause, vor allem in den Chisos Mountains. Falls Sie einen Bären oder Löwen sichten, berichten Sie das bitte einem Ranger.
Manchmal sind die Bären sogar so frech, und machen sich auf Ihrem Liegestuhl breit.
Ganz nach dem Sprichwort „alles ist größer in Texas” trifft das auch auf Big Bend Nationalpark zu. Man kann locker eine Woche dort verbringen und hat immer noch nicht alles gesehen. Bevor Sie sich jedoch wieder in die Zivilisation zurück wagen, sollten Sie noch zwei Abstecher machen. Hot Springs – eine heiße Quelle von 40°C, die sich in der Nähe des Rio Grande Village befindet. Die gelösten Mineralsalze sollen angeblich heilende Kräfte haben. Eine zwei Meilen lange, unebene und schmale Schotterstraße führt hinab zum Hot Springs Historic District. Bitte beachten: Wohnmobile und übergroße Fahrzeuge sind auf dem Einbahn-Abschnitt der Straße verboten. Unten angekommen, geht es ca. 800m zu Fuß zu den Hot Springs.
Ein paar Kilometer von hier befindet sich auch der Grenzübergang zu Mexiko. Am „Boquillas Crossing Port of Entry” befinden sich weder Zoll- noch Einwanderungsbeamte. Alles funktioniert elektronisch. Besucher legen ihre Reisedokumente vor und kommunizieren durch eine dezentrale Sprechverbindung. Die Fußgänger gelangen per Ruderboot jeweils auf die andere Seite. Der Übergang ist geöffnet Mittwoch – Sonntag von 8.00 Uhr bis 17.00 Uhr (November bis April) und Freitag – Montag von 9.00 Uhr bis 18.00 Uhr (Mai bis November).
Als Ausgangspunkt für eine Reise zum Big Bend Nationalpark bietet sich entweder El Paso oder Midland an. Wir wählten Midland, das „Fenster zum Westen”. Der dortige Flughafen ist der am nächsten gelegene zum Big Bend. Midland ist ein kleines Städtchen, 165 Meilen (ca. 260 km) von Marathon entfernt, das ein paar interessante Sehenswürdigkeiten bereit hält. Es lohnt sich, 1-2 Tage dort zu verweilen bevor man sich für das große Abenteuer im Park rüstet. Zu empfehlen sind drei außergewöhnliche und interessante Museen.
Im Museum of the Southwest befinden sich verschiedene Ausstellungen und Sammlungen von Kunstwerken aus dem Südwesten der USA. Das Kindermuseum bietet Ausstellungen, Computerprogramme sowie andere Programme zum Anfassen für Kinder. Etwas ganz Besonderes ist das tolle Blakemore Planetarium mit seinem auf den neuesten Stand der Technik gebrachten Vorführsaal. Schauen Sie sich dort unbedingt einen der angebotenen Filme in 3-D an. Das Museum verfügt über einen der wenigen Spitz HD Star Projektor.
Luftfahrtbegeisterte sollten auf keinen Fall das CAF Airpower Museum verpassen. Hier wird die komplette Geschichte der Luftfahrt vor, während und nach dem 2. Weltkrieg dokumentiert. Von der 150 Flugzeuge umfassenden Flotte sind immer ca. 20 ausgestellt. Die Sammlung beinhaltet den einzigen flugtüchtigen B-29 Bomber sowie die weltgrößte Sammlung von kunstvoll bemalten Flugzeugnasen aus dem 2. Weltkrieg. Oldtimer (sogar mit deutschem Kennzeichen), verschiedene Uniformen, Dokumente, Objekte, etc. vervollständigen die Ausstellungen.
So kommen Sie zum Big Bend Nationalpark:
Von Deutschland aus fliegen Sie am besten non-Stop über Dallas oder Houston nach Midland. Von dort aus geht es mit dem Leihwagen, den Sie sich bereits in Deutschland reservieren sollten, auf dem Freeway I-20 östlich bis zur Ausfahrt 80; dann südlich auf dem Highway TX-18 Richtung Marathon und dort auf den US-385 Süd. Ca. 200 Meilen (320 km).
Eintritt: $20 pro Fahrzeug/$10 pro Motorrad, gilt an 7 aufeinander folgenden Tagen. Ein Jahrespass für $80 ermöglicht Zugang zu allen Nationalparks in den USA. Den kann man bereits vorher online kaufen unter http://store.usgs.gov/pass/index.html bzw. in allen Nationalparks am Eingang oder im Besucherzentrum.
Big Bend Nationalpark
www.visitbigbend.com * www.nps.gov/bibe
Chisos Mountains Lodge
Big Bend NP, Basin Rural Station, Big Bend National Park, TX 79834 * 432-477-2292
www.chisosmountainslodge.com
Midland, Texas
109 North Main, Midland, TX 79701 * Tel: 432-683-3381 * www.visitmidlandtexas.com
Photos: Eric Walker; Visit Big Bend; Chisos Mountains Lodge; Sonja Stimmer