Acoma Pueblo oder auch „Sky City” genannt, sitzt auf einer Felsenplatte (Mesa) in der einsamen, 2.000 Meter hohen, endlosen Halbwüste im Nordwesten des US-Bundesstaates New Mexico. Das Indianerdorf ist besiedelt vom Stamm der Acoma, was soviel wie „Volk vom weißen Felsen” bedeutet. Die Acoma-Indianer leben im Pueblo ohne Strom und versorgen ihre Stammesältesten. Sie sind stolz auf ihre Werte, ihre Traditionen und ihre Kultur.
Indianisches Erbe im Wandel der Zeit
Meine Reise beginnt auf der historischen Route 66 in Albuquerque. Bewaffnet mit Cappuccino und einem Banana Nut Muffin, mache ich mich auf den Weg nach Acoma Pueblo. Es ist 7 Uhr morgens als ich kurz nach dem Flughafen auf die Autobahn, der Interstate 40 in Richtung Norden einbiege. Mitte Juli, der Himmel ist stahlblau, Aussentemperatur 21° C. Eine Stunde später erreiche ich die Ausfahrt 112, North Acomita Village. Die Szenerie besteht aus weiter Steppe, roter Erde, atemberaubenden Tafelbergen, Canyons, ausgetrockneten Flussbetten und massiven gigantischen Sandstein-wänden. Ein lauer Wind streicht über die Steppengräser und trockene Tumbleweed-Büsche wirbeln, wie in den Westernfilmen, vom Wind getrieben über die Strasse. Noch 18 Kilometer trennen mich vom Indianerdorf. Der Highway 30/32 führt direkt in das Reservatsgebiet. Wolken ziehen auf, sie werden dunkler und dichter. Grollender Donner, grelle Blitze, prasselnder Regen und ich höre meine quietschenden Scheibenwischer, die wohl endlich ausgetauscht werden sollten.
Der Regen lässt nach und ich nähere mich dem Besucherzentrum, welches im architektonisch sehr gelungenen Kulturzentrum am Fusse des Acoma Pueblo liegt. Das Gebäude fügt sich zurückhaltend und harmonisch in die sensible Landschaft. Die Architekten haben Pueblo- und Adobe-Baustil perfekt vermischt und dekorative Elemente übernommen, die für die Acoma-Indianer kennzeichnend sind. Die Aussenanlagen sind von beeindruckenden Arkaden umrahmt. Malereien und Skulpturen beschreiben die Mythologie und das Leben der Ureinwohner absolut mustergültig. An der Rezeption wird man freundlich empfangen und erhält Fahrkarten für Bustouren, Führungen und Kameraerlaubnis, denn ohne Genehmigung der Indianer ist das Pueblo nicht zugänglich. Das Besucherzentrum ist eine attraktive Anlaufstelle, bestehend aus Cafeteria mit teilweise indianischen Speisen, Souvenirladen und dem Haak’u Museum, in dem ich mich erst einmal ausführlich über die Acoma informiere. Filmvorführungen klären über die Geschichte, das Handwerk und die Kultur des Indianerstammes auf.
Acoma Pueblo ist eins von insgesamt 19 Indianer-Reservaten in New Mexico. Die meisten liegen entlang des Rio Grande in Richtung Taos, vier davon befinden sich westlich von Albuquerque. Als die ersten spanischen Entdecker um 1540 im heutigen Staat New Mexico auftauchten, fanden sie Indianer vor, die in mehrstöckigen Bauten aus luftgetrockneten Lehmziegeln lebten und hauptsächlich Mais, Bohnen und Kürbisse anbauten. Sie lebten meist auf einem Hochplateau, das nur zu Fuss erreichbar war, um sich so vor den Plünderungszügen der Apache und Navajo Indianer, sowie anderen Eindringlingen zu schützen. 1599 wurde das Pueblo trotz der günstigen Abwehrlage von den Spaniern erobert. In einem blutigen Kampf kamen Hunderte Acomas um. Andere Überlebende wurden hingerichtet oder als Sklaven verkauft. Als Schreckschuss für alle Indianer wurde den Männern der Fuss abgehackt. Bald danach bauten die Spanier eine Missionarskirche auf dem Tafelberg. Es sah so aus, als wären die Acoma zum Katholizismus konvertiert, doch hinter verschlossenen Türen hielten sie weiter an ihren religiösen Ritualen fest. Die spanische Verfolgung der Indianerreligon führte 1680 zu einem Puebloaufstand, indem sich die Pueblo-Indianer von ganz New Mexico verbündeten und die Spanier verdrängten, die einige Jahre später wieder zurückkehrten, dann allerdings die traditionelle Lebensweise der Pueblo-Indianer akzeptierten. 1924 erhielten die Indianer in New Mexico US-amerikanische Staatsbürgerschaft und 1948 durften sie erstmals wählen. Danach setzte eine Rückbesinnung der Indianer auf ihre eigene Kultur ein. Inzwischen verdienen sie sogar richtig gut Geld.
Kultur und Kasino
Der Grund dafür ist, dass sie nicht unter das Glücksspielverbot fallen. Fast jeder Stamm hat sein eigenes Kasino, meistens mit Hotel, Restaurant und mehreren Geschenkeshops. Die Acoma betreiben ihr Sky City Casino und Hotel direkt an der Freeway-Ausfahrt zum Pueblo. Touristen stoppen hier gerne, weil im Eingangsbereich Starbucks-Kaffee ausgeschenkt wird und sich jeder Besucher kostenlos ins Internet einloggen kann. Das Restaurant Huwak’a verspricht flotten Service und ein günstiges „All You Can Eat Buffet”. Das Kasinogeschäft brummt und da im gesamten Kasino- und Hotelbereich kein Alkohol ausgeschenkt wird, gibt es kostenlose Softdrinks. Hotel und Kasino sind durch die Lobby voneinander getrennt, damit Hotelgäste Ruhe und Erholung finden und durch den Spielautomatenbetrieb nicht gestört werden. Kunstliebhaber kommen gleich beim Einchecken an der Rezeption auf ihre Kosten. Eine auserlesene Sammlung an authentischen Gemälden und Töpferarbeiten der Acoma beeindrucken jeden Gast. Auch die Konferenzräume und das Businesscenter sind mit ausgewählten Stücken dekoriert. Im Geschenke- und Souvenirladen findet man ein erlesenes Sortiment an Indianerkunst zu akzeptablen Preisen.
Die 134 Zimmer sind ebenfalls im typischen indianischen Stil ausgestattet und bieten jeglichen Komfort von Flat Screen-TV bis Kaffeemaschine. Der Fitnessraum verfügt über modernste Geräte. Die einladende Poolanlage ist in einen schönen Garten eingebettet, verwöhnt mit traumhaftem Blick auf die Berge und allem was man zum Ausruhen und Regernieren so braucht. Das Sky City Hotel „rockt” ganzjährig und hat ein ausgefallenes Unterhaltungsprogramm im Angebot. Auf einer Aussenbühne werden sowohl tagsüber als auch abends zahlreiche musikalische Höhepunkte dargeboten. Die Hotelanlage ist ideal für Besucher, die sich einen Aufenthalt zwischen indianischer Kultur und modernem Komfort an der historischen Route 66 gönnen wollen.
Wer mit dem Wohnmobil unterwegs ist, für den bietet sich der gegenüberliegende Sky City RV-Park an. Gäste des RV-Parks können die gesamten Annehmlichkeiten des Hotels nutzen. Shuttle service ist auf Abruf verfügbar.
Acoma Pueblo
Der Tour Bus fährt vor. Unsere Führerin namens Mataja freut sich über den Regen und teilt uns mit, wie sehnsüchtig sie darauf gewartet haben. Ihr indianischer Name ist Shamunatisa, was soviel wie funkeln oder glitzern bedeutet. Wir verlassen das Besucherzentrum und fahren auf den Gipfel des Hochplateaus. Mataja weist uns auf den ehemaligen Geheimpfad hin, der zwar in den Fels eingelassene Vertiefungen hat, an denen man sich festhalten kann – rät aber gleichzeitig davon ab ihn zu nutzen, weil der Aufstieg sehr steil ist und die Felsen heute wegen des Regens sehr glitschig sind. Auf der Fahrt macht sie uns gleich mit einigen Regeln vertraut. Nichts berühren, nirgendwo anklopfen und auf dem Friedhof und im Innenraum der Kirche ist fotografieren verboten. Wir erreichen das Dorf über eine geteerte Anfahrt, die ein Geschenk der Filmindustrie aus Hollywood war. Der erste Abschnitt der Anfahrt wurde von der Filmproduktion des Westerns „Rothaut” mit dem Originaltitel „Redskin” im Jahre 1929 finanziert; der zweite von „Mein Name ist Nobody” (1973) mit Terence Hill und Henry Fonda in den Hauptrollen.
Bevor wir aussteigen, platziert unser Fahrer einige Steinfliesen, damit wir auf dem lehmigen Untergrund nicht einsinken. Der Blick über die Felsen hinweg in die weite Ferne ist eindrucksvoll und unbeschreiblich. Auf unserer Tour begleitet uns Blue, der aussieht wie ein gestromter Hund-Kojotenmischling und mir mit wedelndem Schwanz eine Fischgräte vor die Füsse wirft. Die gesamte Anlage hat keine befestigten Strassen. Das Wasser wird durch ein Reservoir bezogen und Elektrizität gibt es bis heute nicht. Wir haben das Glück, dass eine alte Indianerin trotz schlechter Wetterverhältnisse, Brot backt und uns davon probieren lässt. 40 Familien leben ständig im Pueblo, die etwa 6000 restlichen Stammesmitglieder leben im Tal und kommen an Wochenenden oder zu Zeremonien auf den Berg. Häuser und Landbesitz werden immer an die jüngste Tochter der Sippe weitergegeben. Der Mann siedelt bei einer Heirat ins Haus der Frau ein. Die Frau geniesst eine bevorzugte Stellung. Im Pueblo vermischen sich die indianisch-mexikanischen mit christlichen und abendländischen Einflüssen. Die Häuser sind terrassenförmig gebaut und meist zweistöckig. Die Türen im Erdgeschoss sind niedrig, was früher hilfreich war, weil Eindringlinge den Kopf einziehen mussten und man sie so leichter niederschlagen konnte. Die Türen in der zweiten Etage sind höher und über eine Leiter erreichbar, die nachts eingezogen wird.
Überdimensional gross erscheint die Kirche, die immer noch dokumentiert, dass die Spanier einst die Macht hatten. Genauso gross ist der Friedhof. Hier fallen zunächst aufrechte und umgestürzte Holzkreuze auf. Dies demonstriert sehr deutlich, dass die Acoma an mehrere Götter gleichzeitig glauben können. Die eher christlichen Kreuze stehen so lange auf dem Grab, bis sie umfallen. Erst dann sind die Seelen der Toten frei, was ein indianischer Glaube ist. Danach stehen sie an der Kirchenmauer, um dort zu verrotten. Lange Zeit hatte die Kirche keinen Glockenturm. Ein mexikanischer Gouverneur bemängelte dies, wollte einen Turm bauen und im Gegenzug vier indianische Mädchen und vier Jungen mit nach Mexiko nehmen. Die Acomas willigten nicht ein. Er baute den Turm trotzdem und nahm die Kinder mit. Sie kehrten niemals zurück, deshalb wurde auf dem Friedhof ein tiefes Loch gegraben, damit die Seelen nachhause finden können. Es wird erst dann wieder zugeschüttet werden, wenn es auf der Welt keinen Krieg mehr gibt. Andere Überlieferungen sagen, das Erdloch repräsentiert Mutter Natur, aus welchem alle Acomas stammen. Neben der Kirche haben die Acomas den Kiva, einen mystischen unterirdischen Raum, in dem sie ihre religiösen Feiern und Rituale abhalten. Ob rund oder viereckig, die Wände sind mit Szenen bemalt, die Stammesmythen darstellen. Zeremonien sind häufig Tänze, die Regen herbeibeschwören sollen, da Ackerbau ein wichtiger Bestandteil ihres Lebens ist.
Es regnet noch immer leicht, was die Bewohner des Pueblos nicht davon abhält, vor ihren Behausungen Töpferwaren und Schmuck anzubieten. Die Acomas sind besonders bekannt durch ihre in liebevoller Handarbeit getöpferten und bemalten Waren. Sie verkörpern Ruhe und die Kraft des indianischen Spirits. Sie verwenden vulkanische Tonmischungen und die feinen Malereien sind hauptsächlich schwarz und orange-rot auf hellem Untergrund. Storytellerfiguren sind ein grosser Bestandteil der Töpferkunst des Stammes. In der Regel besteht die Figur aus einer grossen „Basisfigur”, die die sogenannten „Alten und Weisen” darstellt und einer oder mehreren kleinen Figuren, die die Nachfahren repräsentieren, an die das Wissen weitergegeben wird.
Unsere Tour neigt sich dem Ende. Ich verabschiede mich von Blue und entscheide, den Geheimpfad hinunter-zuklettern. Blue folgt mir bis es zu steil wird. Der Regen ist vorüber und die Sonne findet ihren Weg durch die dicke Wolkenschicht. Langsam steige ich ab aus der wirklichkeitsfremden Kulisse der Acoma, begleitet von einer Mischung aus Nostalgie und Romantik des Wilden Westens. Es duftet nach Salbeibüschen und Lavendel und ich bin zwar leicht durchnässt, empfinde aber trotzdem ein Gefühl von Leichtigkeit, wenn ich über das weite verzauberte Indianerland schaue. Zurück aus meiner Zeitreise zwischen Tradition und Wandel der amerikanischen Ureinwohner, setze ich meine Füsse gleichzeitig auf den Talboden der hiesigen Welt und vor mir steht Mataja, die ihren Blick zum Himmel richtet. Über uns hat ein riesiger Regenbogen sein Band gezogen und strahlt in prächtigen Farben. Die junge Frau vom Stamme der Acoma verabschiedet sich mit einer indianischen Weisheit:
Baa’ Me’yuu’na Sra’naiish’ Zaa’yaa’yuth’ Tii’duu’maatz’nee’ – Möge Dich der allmächtige Schöpfer weiterhin schützen.
So kommen Sie nach Acoma Sky City:
Von Deutschland aus bietet Lufthansa mehrere Routen nach Albuquerque. Für die Fahrt nach Acoma empfiehlt sich ein Mietwagen, den Sie am besten schon in Deutschland reservieren.
Sky City Cultural Center & Haak’u Museum, Indian Service Route 38, Acoma Pueblo, NM 87035* Tel: 505-552-7861 * www.acomaskycity.org. Geführte Touren in Acoma Sky City können im Besucherzentrum gebucht warden. Gäste des Sky City Casinos können die Touren direkt im Hotel buchen. Öffnungszeiten Mittwoch bis Sonntag 9.00 – 17.00 Uhr. Eintritt $25 für Erwachsene. Im Preis enthalten sind die Pueblo-Tour, der Eintritt in das Haak’u-Museum und eine Erlaubnis zum Fotografieren.
Sky City Casino Hotel, I-40 (Ausfahrt 102) * Tel: 505-552-6017 * www.skycity.com
Photos: New Mexico Tourism Office; Sky City Cultural Center;