Kingman

Das Herz der Route 66

Kingman, das immer noch zu einem der verborgenen Schätze von Arizona zählt, liegt verkehrsgünstig an der Interstate 40 und ist der perfekte Startpunkt für einen Trip auf der„Route 66” oder zum nahegelegenen Grand Canyon. Die Stadt bietet malerische Wanderwege, historischen Charme, tolle Cafés und Restaurants. All das, kombiniert mit dem Mythos der legendären Route 66, macht Kingman zu einem attraktiven Reiseziel.

Nachdem die ersten Reisenden auf feindliche Indianer in der Gegend gestossen sind, wurde Fort Mojave am Colorado-Fluss gegründet. Soldaten haben die umliegenden Hügel ausgekundschaftet und Gold und Silber gefunden. In den folgenden Jahren entstanden Bergbau-Camps und in den frühen 1870er Jahren kamen die ersten Viehtriebe, die sich an der üppigen Graslandschaft zu schaffen machten. Der Ursprung der 40.000-Einwohner-Stadt geht, im Gegensatz zu vielen anderen Orten der Pionierzeit, nicht auf den unmittelbaren Fund von Gold und Silber zurück. Vielmehr wurde sie nach einer Landvermessung im Jahre 1880 unter der Leitung von Lewis Kingman als reiner Haltepunkt entlang der künftigen Eisenbahnlinie geplant.

Kingman Loko Park

Kingman erlebte ein stetiges Wachstum in den späten 1880er und 1890er Jahren. Die Entdeckung von Gold in den Black Mountains im Mai 1900, half Kingman ein Zentrum für Bergbauaktivitäten zu werden. Zu der Zeit, war das Städtchen lebhaft und platzte aus allen Nähten. Ende des 1. Weltkrieges war die Produktion im Bergbau jedoch immer noch nicht an ihrem Höhepunkt angekommen und Kingman geriet etwas unter Druck. 1919 gab es mehrere Hotels und Saloons, zwei Drogerien, zwei Kirchen, eine Bank und zwei Holzverarbeitungsfirmen. Im Bemühen, Kingman etwas bekannter zu machen, wurde heftig die Werbetrommel gerührt mit dem exzellenten Klima und der gesunden Umgebung.

In den Jahren danach wurde in der Nähe der Boulder Dam (heutige Hoover Dam) gebaut, Strassen wurden ausgebaut und die Bergwerke wurden wieder belebt. Ausserdem hatte Kingman den Vorteil an der Eisenbahnstrecke und der Route 66 zu liegen. 1929 wurde von Charles Lindberg der Grundstein zum ersten Flughafen gelegt. Die Entdeckung immer neuer lokaler Edelmetallvorkommen bis weit in das 20. Jahrhundert hinein kombiniert mit technologischem Fortschritt im Bergbau, regionaler Viehzucht und nicht zuletzt der Fertigstellung der Route 66 sicherten dem nunmehr wichtigen Verkehrsknotenpunkt eine vielversprechende Zukunft.

Hoover Dam

Heute leben in Kingman und Umgebung an die 40.000 Menschen und die Stadt ist Anziehungspunkt von Besuchern aus der ganzen Welt. Dank der zentralen Lage und landschaftlichen Vielfalt ist Kingman Ausgangspunkt für Exkursionen und sportlichen Aktivitäten aller Art. Nicht nur Golfplätze, Parks und Wanderwege, sondern auch die Hualapai, Cerbat und Black Mountains, die Kingman umgeben, bieten zahlreiche Freizeitmöglichkeiten.

Der Colorado-Fluss mit seinen ca. 1.000 Meilen Küstenlinien, die den Lake Mead, Lake Havasu und Lake Mohave umfassen, ist ein idealer Spielplatz für die Wassersportler, egal ob Angeln, Bootfahren, Schwimmen, Rafting oder ein gemütlicher Tag auf dem Hausboot. Vielleicht ist Ihnen ja nach einer entspannten Partie Golf auf dem örtlichen 18-Loch-Platz? Der 14 Meilen südöstlich von Kingman gelegene, schöne Hualapai Mountain Park, der auf einer Höhe von ca. 2.200m liegt, lädt ein zu einer Wanderung mit Wildbeobachtung.

Kingman Wildlife

Keinesfalls vergessen wollen wir den grossen Klassiker des Südwestens, der Grand Canyon. West Rim mit der „Skywalk” Glasplattform im Norden sowie der grandiose Nationalpark östlich der Stadt, liegen beide nur gute 2 Stunden entfernt. Neben den Naturliebhabern kommen auch die Hobbyhistoriker auf ihre Kosten. Nicht nur die umliegenden Geisterstädte laden hierfür zu einem Studienausflug ein, sondern Kingman selbst kann mit mehreren Museen sowie über 40 Sehenswürdigkeiten und Gebäuden aufwarten, die im Nationalen Register Historischer Orte geführt werden.

Grand Canyon West Skywalk

Erste Anlaufstelle sollte aus mehreren Gründen das im ehemaligen Elektrizitätswerk untergebrachte Besucherzentrum sein. Anfang des 20. Jahrhunderts versorgte das Kraftwerk zum einen die Stollen und Erzmühlen der umliegenden Goldminen mit Licht und Strom, läutete zum anderen aber auch in Kingman das neue Energiezeitalter ein. Das sogenannte Powerhouse Visitor Center teilt sich sein historisches Gemäuer unter anderem mit der Touristeninformation der Hualapai-Indianer, einer Galerie zum Gedenken des Ausnahmefotografen Carlos Elmer, der Route 66 Association und dem Route 66 Museum. Letzteres haucht wie kaum eine andere Ausstellung den bewegenden Geschichten von Glücksrittern und verzweifelten Migranten auf ihren beschwerlichen Trecks nach Westen neues Leben ein.

Vor allem in den 1930er Jahren während der Weltwirtschaftskrise wurde die Route 66 zur Schicksalstrasse für eine ganze Generation. Zehntausende setzten alles auf eine Karte, packten ihr Hab und Gut und entflohen der Arbeitslosigkeit im Osten und den Sandstürmen der Prärien. Mithilfe restaurierter Fahrzeuge, Gebrauchsgegenstände und alter Fotografien werden lebensnahe Szenen aus dem Alltag der Durchreisenden und Gestrandeten eindrucksvoll nachgestellt. Altes Kartenmaterial unterstreicht das Thema. Schnell wird klar, dass Anpassungsfähigkeit, Erfindungsreichtum und Hilfsbereitschaft nicht nur notwendig waren, um weiterzukommen, sondern meist auch das eigene Überleben garantierten. Zur weiteren Erkundung des historischen Stadtkerns nimmt man sich im Museum am besten einen der Pläne für einen Rundgang in Eigenregie mit.

Wenn man der legendären „Mainstreet of America” schon einen Besuch abstattet, so darf auch ein entsprechendes kulinarisches Erlebnis nicht fehlen. Glücklicherweise muss man in dieser Stadt nicht lange suchen. Direkt gegenüber des Besucherzentrums befindet sich Mr. D’z Route 66 Diner, das mit authentischem Ambiente und traditioneller Speisekarte keine Wünsche offen lässt.

Im Rahmen eines Wochenendaufenthaltes hat man die gesellige Gelegenheit auf der unterhaltsamen und gleichsam lehrreichen Route 66 Cocktails & Corks Spirit Tours die örtlichen Wein- und Spirituosenmanufakturen näher kennenzulernen. Die gut dreistündige Tour wird bisher nur samstags um 12 Uhr angeboten, Ausgangs- und Endpunkt des Shuttles ist der Parkplatz am Besucherzentrum. Mit der Desert Diamond Distillery, der Stetson Winery und Cella Wines werden insgesamt drei Stationen (inklusive Besichtigung und Kostproben) angefahren, die Kosten betragen $20 pro Person.

Stetson Winery

Egal wohin man sich in Kingman dreht oder wendet, Route 66 ist allgegenwärtig. Ein Highway, ein Mythos, ein Lebensgefühl. Über 2400 legendäre Meilen quer durch die spektakulärsten Landschaften des Kontinents. Ein monumentaler Roadtrip von Chicago nach LA, gespickt mit Nationalparks, Kulturdenkmälern und Kuriositäten längst vergangener Zeiten. Eine Traumreise auf einer Traumstrasse zurück in die 50er und 60er Jahre, die Blütezeit der amerikanischen Mittelklasse, eine Epoche ausgedehnter Familienausflüge und opulenter Leuchtreklamen. „Ab in den Sonnenuntergang” heisst es für Hunderttausende Fernweh geplagter Kraftfahrer auch heute noch, vorbei an den berühmten Ikonen des Westens wie bunten Rockabilly-Diners und einsamen Wüstenmotels. So sehen wir die „Mutter aller Strassen” und genauso wird sie auch zelebriert, ganz gleich ob mit Motorrad, Wohnmobil oder Cabrio. Route 66, der Highway aus dem nicht nur Harleyträume sind.

Dass uns diese Roadmovie-Romantik bis heute erhalten geblieben ist, war jedoch nicht selbstverständlich. Der weitgehende Ausbau des nationalen Schnellstrassennetzes ersetzte seit Mitte der fünfziger Jahre nach und nach die reparaturbedürftige zweispurige Landstrasse durch moderne mehrspurige Autobahnen. Die Highways bescherten den Reisenden zwar ein rascheres Vorankommen, schnitten den Besucherstrom zu vielen historisch gewachsenen Siedlungen aber komplett ab. Vielerorts war die Landflucht nicht aufzuhalten und ehemals geschäftige Gemeinden, die bisher gut vom Tourismus leben konnten, verwaisten binnen weniger Jahre. Es ist den Anstrengungen unzähliger Freiwilliger in regionalen Organisationen, Gemeindeinitiativen und örtlichen Klubs zu verdanken, dass dieser Trend aufgehalten und bisweilen sogar umgekehrt werden konnte. Seit Jahrzehnten kümmern sich ehrenamtliche Helfer um die Rekonstruktion historischer Gebäude und die Rettung von Americana, wie die hiesige Volkskunst genannt wird.

Kingman Route 66

Das längste noch original verlaufende Teilstück der „Mother Road” befindet sich im Nordwesten Arizonas. Die einzigartige Szenerie zwischen Seligman und Topock kommt einem irgendwie bekannt vor, so meint man. Wie hiess der Western noch gleich..? Oder war es Kinowerbung? Vom Osten kommend schlängelt sich die AZ 66, wie sie hier heisst, zunächst durch das Reservat der Hualapai. Vorbei an Mesas und Kratern, über Berge und Pässe, durch Schluchten und Prärien geht es hinunter, bis das selbstproklamierte „Herz der Route 66” am Horizont erscheint: Kingman, Arizona.

Vom 11. bis 12. Oktober 2024 gibt es für die Fans der Mother Road einen ganz besonderen Leckerbissen: das I Love 66 Fest. Dieses Festival ist eine der wichtigsten Feierlichkeiten zur bevorstehenden Hundertjahrfeier der Route 66 (2026). Es findet im wunderschönen Lewis Kingman Park statt, einer Oase in Arizona an der Mother Road, und beleuchtet die Geschichte und Kultur rund um Amerikas Hauptstraße. Es wird eine Party, prall gefüllt mit Live-Bands, einen Biergarten mit regionalen Biersorten, Lebensmittel- und Handwerksbetriebe, eine Motorradausstellung, eine Oldtimer-Show, Route-66-Ausstellungen, Kingmans erste und einzige Zip-Line – und so weiter und so fort!

Kingman Route 66

Zum Schluss sei noch ein Abstecher der besonderen Art erwähnt. Folget man von Kingman aus einfach der atemberaubenden Streckenführung der historischen Route 66 nach Westen, gelangt man über die steilen und engen Kurven des ehemals berüchtigten Sitgreaves Passes (nicht für Wohnmobile geeignet) in das waschechte Goldgräberstädtchen Oatman. Hier scheint die Zeit tatsächlich stillzustehen. In Häusern und Verschlägen, die noch auf den hiesigen Goldrausch vor über hundert Jahren zurückgehen, sind nun Antiquitäten- und Souvenirshops, kleine Restaurants und Bars untergebracht. Nicht versäumen sollte man die mittäglichen Überfälle der „Oatman Ghost Riders”, die den Ort jeweils um 13.30 Uhr (und 15.30 Uhr im Winter) heimsuchen. Die eigentliche Attraktion aber sind die frei herumstreunenden, wilden Esel, die inzwischen fester Bestandteil des Strassenbildes geworden sind. Die Tiere sind tatsächliche Nachfahren der einstigen Lasttiere aus den Minen, die mit der Schliessung der Bergwerke während des 2. Weltkrieges freigesetzt wurden.

Oatman Burros

Wer hätte gedacht, dass die Auswahl an Attraktionen am Rande der Mojavewüste tatsächlich so vielfältig ist, dass man sogar mehrere Tage in Kingman und Umgebung mit einem anregenden Programm füllen kann? Sich Zeit nehmen für den Trip auf der „Mother Road”, öfters mal anhalten und sich umsehen – darum geht es auf dieser Traumstrasse nämlich. Nur so entdeckt man, was anderen verborgen bleibt.

In diesem Sinne – „Get your kicks on Route 66”!

Kingman Route 66

 

 


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